Polizei warnt: Langfinger haben wieder Hochsaison

Zivil-Beamte steckten Passanten Visitenkarten in offene Handtaschen, um auf das Diebstahl-Risiko hinzuweisen.

Wuppertal. An der Bushaltestelle Morianstraße in Elberfeld stehen gestresste Plastiktüten-Träger. Eine Frau mittleren Alters ist voll bepackt. Rechte Hand: Einkaufstüte, Regenschirm und Handtasche. Linke Hand: Tannenzweige. Dass ein fremder Mann um sie herumschleicht, fällt ihr nicht auf. Auch nicht, dass er sich von hinten an ihren Taschen zu schaffen macht.

Die Wuppertalerin hat Glück gehabt. Der Mann ist kein Taschendieb, sondern ein Polizist in zivil. Anstatt nach dem Portemonnaie zu greifen, das die Frau in der geöffneten Tasche aufbewahrt, legt er ihr eine Visitenkarte auf die Wertsachen. Die Warnung: Vorsicht Tachendiebe!

Gestern verteilte die Polizei in Elberfeld nicht nur Flugblätter, sondern bescherte einigen Passanten auch eine lehrreiche Erfahrung. Der Schreck saß nämlich tief, als die "Langfinger" Bernd Gließel und Ottmar Ay das Experiment auflösten.

Ihrem nächsten Opfer begegnen die Beamten vor dem Bahnhofs-Tunnel. Eine 21-Jährige hat ihre Handtasche unter den Arm geklemmt - unverschlossen. Von hinten ist es für Gließel ein Leichtes, seine Visitenkarte loszuwerden. Als Lina Pesch die Karte entdeckt, ist sie verblüfft. Sie sagt: "Ich bin doch schon immer so besorgt um meine Tasche." Bei diesem Modell sei jedoch der Reißverschluss so doof.

Taschendiebstahl ist in einer Stadt wie Wuppertal keine Seltenheit. Bis Oktober dieses Jahres wurden 1381 Fälle im Stadtgebiet angezeigt. Nur 27 davon konnten aufgeklärt werden. Gemessen an dem Vergleichszeitraum vom Vorjahr stieg die Zahl der Diebstähle, die Aufklärungsquote halbierte sich.

An der Bushaltestelle Morianstraße schlagen Kriminelle besonders gerne zu. Manfred Settmacher musste das am eigenen Leib erfahren. Aus der Tragetasche klaute ihm dort ein Unbekannter die Brieftasche. Der 69-Jährige erinnert sich: "Es wurde gedrängelt und geschoben."

Erst zu Hause stellte der Wuppertaler fest, dass alles weg war: 150 Euro Bargeld, alle Papiere und die Konzertkarten für den Abend. Heute hat Settmacher ein Schloss an seiner Tasche: "Aus Schaden wird man klug."

Wie kann man sich schützen? Michael Schmidt, Wachleiter in Elberfeld, rät: "Die Tasche sollte man immer mit der Öffnung zum Körper tragen." Das ist nicht selbstverständlich. Auch gestern machten es einige Wuppertaler den Dieben sehr leicht.

Eine Frau bewahrte ihre Geldbörse im Netz ihres Rucksacks auf. Und der war geschultert. Ohne Probleme hätte bei ihr die Visitenkarte bis in das dafür vorgesehene Fach im Portemonnaie wandern können.