Prozess um angeblichen Missbrauch im Pflegeheim
Aushilfspfleger bestreitet die Vorwürfe. Verteidiger verweist auf Personalmangel.
Wuppertal/Schwelm. Der Personalmangel in der Pflege wird immer wieder diskutiert. Jetzt gibt es einen Fall, der die Justiz beschäftigt. Wegen zweifachen sexuellen Missbrauchs von anvertrauten Personen muss sich ein 50 Jahre alter Pflegehelfer aus Wuppertal vor dem Schwelmer Schöffengericht verantworten. Im August 2010 hatte er als Teilzeitkraft eines Solinger Personalunternehmens zwei Tage in einem Schwelmer Seniorenheim gearbeitet.
Danach sollen zwei Heimbewohnerinnen (88 und 80 Jahre alt) dem Stammpersonal gesagt haben, der „Leihpfleger“ habe sie in unsittlicher Weise im Intimbereich berührt. Der Angeklagte, der von seiner Frau in den Gerichtssaal begleitet wurde, ließ von seinem Verteidiger Andreas Sauter eine Stellungnahme verlesen, in der die Vorwürfe bestritten werden.
Darin heißt es unter anderem, es sei eine allgemein unglückliche Situation, wenn wegen Personalmangels sporadisch völlig fremde Pflegeaushilfen eingesetzt werden, die die gewohnten Pflegesituationen und -gewohnheiten der Patienten nicht kennen können. Im ersten Fall habe es sich um einen völlig alltäglichen Waschvorgang des Intimbereichs der 88-Jährigen gehandelt, nachdem diese uriniert habe. Es sei kein sexueller Hintergrund erkennbar. Zudem habe der bislang Unbescholtene keine solchen Neigungen während seines Lebens gezeigt.
Auch am zweiten Vorwurf sei nichts dran. Dabei habe es sich um die Pflege eines Oberschenkels der Demenzkranken nach einer Amputation gehandelt. Es ist problematisch für die Anklage, das Gegenteil zu beweisen: Die damals 80-Jährige ist inzwischen gestorben. So könnte im Prozess nur die polizeiliche Vernehmung verlesen werden.
Auch die zweite Zeugin steht nicht zur Verfügung: Die 88-Jährige befindet sich bei ihrer Familie in Polen. Ein Sohn teilte dem Gericht mit, sie sei keinesfalls reisefähig. Zudem habe er große Zweifel, dass sie in der Lage sei, eine verwertbare Aussage zu machen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde der Prozess vertagt. Im Rahmen der Amtshilfe soll versucht werden, die 88 Jahre alte Seniorin durch einen polnischen Richter in ihrem Heimatort vernehmen zu lassen. Der Prozess wird fortgesetzt.