Sport-Jahresrückblick So stark wie lange nicht, doch der WSV steht am Scheideweg

Wuppertal · Abspecken statt weiter aufbauen heißt es vorerst bei Wuppertals Nummer eins im Fußball.

Arg ramponiert geht der WSV aus dem Jahr 2018 heraus. Hier haben Kapitän Gaetano Manno, mit Kopfverband nach einem Zusammenstoß, Sascha Schünemann (l.) und Semir Saric, nach dem 2:1-Sieg in Rödinghausen Mitte Oktober allerdings gut lachen.

Foto: Kurt Keil

2018 sollte ein Meilenstein in der jüngeren WSV-Geschichte werden - und hätte es sein können, denn da gab es viele positive Aspekte: Der dritte Platz im zweiten Regionalliga-Jahr, der einen guten Fortschritt auf dem Weg zum angepeilten Drittliga-Aufstieg bis 2020 verhieß, ein im Sommer weiter verstärktes Team, der Bezug der beiden neuen Plätze am Stadionnebenplatz und am Nocken, der Triumphzug der A-Jugend, die nicht nur auf dem Weg zurück in die Bundesliga scheint, sondern auch im DFB-Pokal glänzte. Als am Ende einziger niederklassiger Klub im bundesweiten Wettbewerb war nach Siegen gegen Nürnberg und Sandhausen erst im Viertelfinale nach einem ehrenvollen 1:2 gegen den VfB Stuttgart Endstation. Schließlich das Stadionprojekt, das dank vieler Detailarbeit zumindest über das Stadium einer Vision hinausgekommen ist.

Und doch überwiegen am Ende eines erneut bewegten Kalenderjahres mit zwei Trainerwechseln, großen Hoffnungen und einigen mitreißenden Spielen beim WSV ganz klar die Molltöne. Das Konzept WSV 2020, im Vorjahr als Fahrplan für Sponsoren aufgelegt, steht vor dem Scheitern, lässt sich zeitlich nicht halten. Das liegt vor allem an den Finanzen, die schon seit dem Neuanfang nach Insolvenz nicht mit der sportlichen Entwicklung Schritt halten konnten. Die Verbindlichkeiten steigen.

„Unsere Hoffnungen in Bezug auf die Wirkungen auf Sponsoren haben sich nicht erfüllt. Und auch unsere Erwartungen bei den Zuschauereinnahmen, die in der vergangenen Saison eingebrochen waren und wo wir wieder mit einer Steigerung rechneten, haben sich nicht erfüllt. Da werden wir Korrekturen nach unten vornehmen müssen“, sagte Vorstandssprecher Lothar Stücker kürzlich und ließ damit die Alarmglocken schrillen.

In zwei Saisons hintereinander hatte der WSV den Etat für die erste Mannschaft sozusagen im Vorgriff auf erwartete Einnahmesteigerungen erhöht. Im Sommer auf 950 000 Euro, womit der Verein wie Sportvorstand Manuel Bölstler nicht müde wird zu betonen, noch immer im unteren Drittel der Liga rangiere.

Der Kader, den vor allem Bölstler durch Zugänge in fast jeder Transferperiode aufstockte, weckte trotzdem die Hoffnungen, bei einem Straucheln der Großen vielleicht schon in diesem Jahr um den Aufstieg mitspielen zu können. Kapitän Gaetano Manno bezeichnete ihn als den stärksten, seit er vor vier Jahren nach Wuppertal zurückgekehrt ist.

Doch die Mannschaft brachte ihre PS nicht auf die Straße, was auch ein bisschen an der Struktur zu liegen scheint. Zu viele Häuptlinge, zu wenige Indianer? Jeder Ausfall konnte zwar sofort gleichwertig ersetzt werden, gleichzeitig saßen aber immer auch gestandene Spieler auf der Bank oder sogar auf der Tribüne, was nicht gerade zum Zusammenhalt im Team beizutragen schien. Vielleicht ein Grund für den schwachen Saisonstart, der Trainer Christian Britscho nach sieben Punkten aus sechs Spielen den Job kostete, weil Manuel Bölstler, Sportvorstand und Sportlicher Leiter in Personalunion, noch einmal „neue Impulse setzen“ wollte.

Im Januar hatte er Britscho noch vom A-Jugend- zum Chefcoach befördert, nachdem er - nach außen hin überraschend - Aufstiegstrainer Stefan Vollmerhausen vor die Tür gesetzt hatte. Über die Gründe schwieg man sich aus, die fristlose Kündigung wurde nach einer gütlichen Einigung zurückgenommen. Offensichtlich war aber, dass es im einst freundschaftlichen Verhältnis zwischen Bölstler und Vollmerhausen Risse gegeben hatte - und Bölstler als der starke Mann übrig blieb.

Im Sommer holte der mit Adrian Alipour einen Trainer-Novizen auf diesem Niveau. Der lebt Fußball, holte mit der Mannschaft 23 Punkte aus 14 Spielen, schaffte es aber trotz zwischendurch guter Spiele wie gegen Oberhausen oder Essen nicht, ihr Konstanz einzuimpfen und die durchaus vorhandenen Schwächen von Topfavorit Viktoria Köln auszunutzen.

Nun heißt es im Winter abspecken, indem man sich von Spielern trennen möchte - auch, um den Etat zu entlasten. Und für die neue Saison steht ebenso eher eine Anpassung nach unten als oben in Aussicht.

Bölstler - der Vater des Konzepts WSV 2020 - fragt sich öffentlich, ob er dann noch der richtige Mann ist. Eine neue Philosophie ist gefragt. Die Aussichten für 2019 sind nicht rosig - obwohl da immer noch eine gute Mannschaft auf dem Platz steht und die Jugendabteilung hoffen lässt.