Die Ableger der Putzkolonne
Lehrer Michael Brischke gründete vor 30 Jahren mit seinen Schülern Am Kothen das erste Wuppertaler Schülerkabarret.
Unterbarmen. Schulkabarett in Wuppertal ist maßgeblich mit einem Namen verknüpft. Und der lautet Michael Brischke. 1981 bot der Lehrer für die Fächer Religion, Sport und Literatur anlässlich einer Projektwoche des Gymnasiums Am Kothen das Thema „Kabarett“ an. Aus einem Kurzprogramm entwickelte sich die Kothener Putzkolonne — einige inzwischen namhafte Ableger folgten.
Bei einem Jubiläumsfestival im Juni wollen Michael Brischke und fünf Schulkabarett-Formationen es krachen lassen: „Wir stoßen an — 30 Jahre Kabarett in Wuppertal“. 1966 wurde der damals 14-Jährige Michael Brischke vom Kabarett-Virus infiziert. Ernst König war sein neuer Klassenlehrer in Essen-Kettwig. „Und der war Mitbegründer des ersten deutschen Nachkriegskabaretts in Kiel.“ 1948 stieß übrigens ein gewisser Dieter Hildebrandt zur jener Truppe, wohingegen dem 2005 verstorbenen Hanns Dieter Hüsch der Zutritt Ende der 40er Jahre verwehrt wurde.
„Mit dem erlebten wir später herrliche Rotweinabende.“ Kurzum, parallel zum Unterricht wurden Satiren und Sotissen Michael Brischkes täglich Brot. Ein bisschen hatte er sogar damit geliebäugelt, hauptberuflich Kabarettist zu werden. „Wer ist schon frei von Eitelkeiten?“, kommentiert er das heute augenzwinkernd. „Ich bin froh, Lehrer geworden zu sein.“ Insgesamt nahm er mit der Urformation, der Kothener Putzkolonne, in zwölf Jahren etwa 100 Schüler unter seine Fittiche. „Von Anfang an stand das Prinzip fest: die Schüler machen alles selbst.“ Von der Themenfindung über die Plakatgestaltung bis hin zur Organisation der Auftritte — „das geschieht alles in Eigenregie“.
1984 wurde der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl in „Vom Wenden verweht“ auf die Schippe genommen und die Wiedervereinigung war „das erste und einzige Mal, dass wir ein reines Themenprogramm hatten“. Die Kothener erlangten Berühmtheit jenseits der Stadtgrenzen, mit dem Wende-Programm ging es auch nach Dresden, Schwerin und Magdeburg. „Das war so spektakulär, dass das Goethe-Institut uns nach Arhus in Dänemark einlud.“ Mit Michael Brischkes Schulwechsel an das Gymnasium Siegesstraße entstand der „Kabarettungsdienst“, auf ausdrücklichen Wunsch des Schulleiters Werner Schlesingers. Programme wie „Satirische Verse“ und „Willkommen im Freizeitpark Deutschland“ folgten.
Sämtliche Plakate aller Programme zieren die Wände des Hauses der Familie Brischke. Ehefrau Melanie, selbst mehr als bloß kabarettistisch interessiert, hat viel Verständnis für die Leidenschaft ihres Mannes. Wenngleich ein gesundheitlicher Paukenschlag 2009 fast einen Schlussstrich unter die Aktivitäten gesetzt hätte. „Seit dem Herzinfarkt habe ich alles umgekrempelt und lasse vieles ruhiger angehen.“ Theoretisch. Praktisch ist das Kabarett für den Mann, der nicht bloß Fachleiter für das Fach Sport ist, sondern seit 1991 Kollegen in „allem, was mit Bühne zu tun hat, aus- und fortbildet“, ein Lebenselixier. Was sich rückblickend im Genre verändert hat? „Früher konnten die Leute länger zuhören. Es ist alles noch pointierter und kürzer geworden.“