Eigenheime und gemischte Gefühle

Auch die „Nacht der Musterhäuser“ stand am Freitag im Zeichen des bevorstehenden Wegzugs vom Eichenhofer Weg.

Nächstebreck. Süßes Graun, geheimes Wehn — der Dichter Ludwig Uhland schenkte der deutschen Sprache eine geläufige Redewendung: allein auf weiter Flur. Brigitte Honings weiß genau, wovon da die Rede ist. Fast 40 Jahre lang haben sie und ihr Ehemann Günter die Nächte auf einem 60.000 Quadratmeter großen Grundstück inmitten leerstehender Häuser zugebracht. Belebt waren ihre Abende am Eichenhofer Weg nur, wenn zur „Nacht der Musterhäuser“ Topfgucker durch die Ausstellung „Eigenheim & Garten“ stapften. So auch am Freitag.

Doch diese Nacht ist eine besondere, denn mit der geplanten Ansiedlung von Ikea naht das Ende der Ausstellung in dieser Form. An den Gedanken kann sich Architekt Wolfgang Bellinghausen noch nicht recht gewöhnen. In seinem Davinci Haus geht es zu wie bei einer Party. Die durchsichtigen Regenfallrohre am Eingang erinnern an Kunstobjekte und ziehen die Aufmerksamkeit der Besucher an.

Doch die Firma überlässt Kundengunst nicht dem Zufall. „Wir halten regelmäßigen Kontakt zu unseren Bauherren und laden auch immer wieder zur Nacht der Musterhäuser ein“, sagt Bellinghausen. Ergebnis sei, dass dieses Haus auch an Tagen mit schlechter Besucherquote belebt ist.

Mit rund 700 Gästen trotz des Regens kann sich die Bilanz am Freitag sehen lassen. Rüdiger Bernau hat seinen guten Grund für die Anreise von Essen: „Ich hoffe hier noch auf ein Schnäppchen.“ In der Tat lassen sich wegen der nahenden Schließung derzeit gute Sonderkonditionen aushandeln. Regine Brandes trägt es mit Fassung und fragt am Eingang unbeirrt nach der Informationsquelle, die zum Besuch der Ausstellung angeregt habe. „Die meisten haben es in der Zeitung gelesen“, sagt sie. Thema des Tages sei auch bei den Kunden die Schließung, mit der Brandes ihre Arbeit verlieren wird.

Noch schlechter als für die junge Dame sieht es für Honings aus. Mit seinen 61 Jahren rechnet er sich keine große Perspektive mehr aus. Obendrein müssen er und seine Frau künftig auf einen besonderen Luxus verzichten: Statt in einem Haus leben sie bald in einer Wohnung. Aber nicht in Wuppertal — wie Brigitte Honings ergänzt.