Szenen des Ankommens in Wuppertal
Junge Einwanderer zeigen im Heine-Kunst-Kiosk, wie sie hier heimisch wurden.
Wichlinghausen. Medya mit Schultüte, Medya auf dem Motorrad, Medya bei der Geburtstagsfeier. Passanten deuten die Bilder im Heine-Kunst-Kiosk an der Wichlinghauser Straße als Ausschnitte aus einem normalen Leben. Für Medya Cenan indessen sind es fotografierte Momente mit Schlüsselfunktion. Das Polizeimotorrad etwa erinnert sie an ihre Angst vor Uniformierten — verband sie einst als Kind doch mit Uniformen den Unfrieden in ihrer kurdischen Heimat.
„Angekommen in Wuppertal“ heißt die Aktion, zu der Barbara Held und Boris Meißner junge Menschen mit Migrationshintergrund in den Kunst-Kiosk bitten. Bis Ende Februar werden dort Medyas Arbeiten zu sehen sein, Auseinandersetzungen mit dem Abschied von einer alten und der Ankunft in einer neuen Heimat.
Held und Meißner verstehen ihre Arbeit als Angebot an den Stadtteil Wichlinghausen, in dem der Migrationshintergrund zur Regel wird. Zugleich fordern die beiden Künstler ihre Kiosk-Gäste zur kritischen Auseinandersetzung mit Politik, Alltag und Kultur auf, wofür Heines Name als Richtschnur steht.
„Ich liebe Heines Gedichte“, sagt Medya. „Er besitzt viel mehr Witz als Goethe.“ Was es bedeutet, im Volk der Dichter und Denker heimisch zu werden, erzählt Medya herzlich und keineswegs mit Selbstmitleid: „Ich weiß nicht, wie alt ich bin. Ich weiß nicht, wo genau ich geboren bin. Ich weiß nicht, wie mein Heimatort aussieht. Was ich allerdings weiß, ist, dass ich meine Zukunft selbst zeichnen kann.“ Medya ist Stipendiatin der Start-Stiftung und weiß auch, dass ihre Zukunft der Journalismus sein wird.
Sie habe viel Glück gehabt, denn alles hätte sich ganz anders entwickeln können, nachdem sie als Kleinkind ohne deutsche Sprachkenntnisse nach Wuppertal kam. Aber: „Ich glaube an eine bessere Zukunft — auch wenn meine Eltern nicht perfekt Deutsch reden, auch wenn meine Mutter ein Kopftuch trägt, auch wenn ich Kurdin bin und auch wenn ich Muslimin bin.“