Winzerfest: Süffige Tröpfchen und Bekannte aus allen Stadtteilen

Ob lieblich oder trocken – Biertrinker hatten beim 26. Winzerfest keine Chance.

Barmen. Wird die Weinprobe nicht nur aufs Exempel, sondern mal eben bis zum Abwinken gemacht, dann kann manches passieren. So auch, mit roter Nase und glasigem Blick, ein Lobgesang im Duktus von Loriot: "Original abgezapft und verkorkst von Pallhuber und Söhne!" Indessen empfehlen die Hoffmanns, Winzerfamilie aus Osann-Monzel, eher Mäßigung und das tägliche Glas als "beste Medizin".

Beim Winzerfest auf dem Johannes-Rau-Platz in Barmen, am Wochenende zum 26. Mal ausgetragen, sind Gesundheitstrinker in der Minderzahl, was zwangsläufig dazu führt, dass Qualität hier und da zur Nebensache wird. Trocken, halbtrocken und lieblich, das sind die schlichten Sortierungen der Weinkarte, die das Weingut Hoffmann auf den Tresen legt. Nur wer fragt, erhält eine differenzierte Liste, darauf auch ein Auxerrois. Die weiße Rebsorte aus dem Burgund "überzeugt durch Lebendigkeit und Frische", heißt es da über das ehemalige Hugenotten-Tröpfchen.

Lebendig, frisch, feinfruchtig, süffig? Aus dem Winzervokabular ergeben sich außerhalb klassischer Weinregionen mehr Fragen als Antworten. Die bildhafte Charakterisierung des Riesling Hochgewächses 2008 landet schon eher einen Treffer: "Macht müde Männer munter, lässt Frauenherzen höher schlagen."

"Ich nehme noch mal den Riesling", sagt Ruth Wockel aus Wichlinghausen, nachdem sie ein Glas roten Dornfelder geleert hat. Jedes Jahr sei das Winzerfest eine Spur anders, meint sie. Stünde nicht gerade ein Geburtstag an, dann würde sie an allen drei Tagen des Festes in die Barmer City kommen. "Kommunikation ist das Wichtige. Hier treffe ich Leute aus anderen Stadtteilen, die ich sonst nie sehe."

Wie bestellt spielt dazu die Band "The Woodmen" einen Klassiker: "Living next door to Alice". In aller Seelenruhe zieht ein Moslem am Platz vorbei, legt ein mitgebrachtes Kissen aufs Straßenpflaster und betet: Richtung Oberbarmen, in dessen Verlängerung, einige tausend Kilometer weiter, Mekka liegen dürfte. "Schönen Tag auch, meine Schwestern, Allah ist da", grüßt er drei Wasserstoffblondinen, denen es die Sprache verschlägt. Derweil kauern sich jene Biertrinker, die den Platz regelmäßig frequentieren, angesichts der weinverliebten Überzahl in eine stille Ecke.

Wallhäuser Backöfchen, im Barrique ausgebaut. Ob Eiche - beim Wein, nicht im Wohnzimmer - wirklich den Deutschen steht? Na gut, es klingt zumindest edler als "Bratwurst im Brötchen", die es nebenan gibt. Manfred Beuermann aus Barmen hat seinen Anker beim Pfälzer Weingut Lutz gefunden und schwört auf den Blanc de Noir, einen Rosé aus 2008. Auf Vorrat bestelle er aber nicht. "Wir sind ja hier in der glücklichen Lage, dass es rings um Wuppertal noch viele andere Weinfeste gibt", sagt er und zählt die große Auswahl auf, während nebenan schon heiter beschwingt intoniert wird: "Jetzt trink’n wir noch a Flascherl Wein."