Wer war Stephanie von Mackensen? Zwischen Parteigenossin der NSDAP und bekennender Christin
Loh · Vortrag über Stephanie von Mackensen. Sie war eine Teilnehmerin der „Bekenntnissynode“ von 1934.
Die „Barmer Theologische Erklärung“ von 1934 hat Geschichte geschrieben. Sie steht für das „Nein“ der Bekennenden Christen zur Kirchenpolitik der Nazis. Als Erklärung gegen Vereinnahmung und „Gleichschaltung“ ist sie bis heute maßgeblich für die Evangelische Kirche im Rheinland.
Formuliert wurde die Erklärung auf der Bekenntnissynode, für die sich im Mai 1934 Vertreter fast aller deutschen Landeskirchen in der Gemarker Kirche versammelten. Ein Foto, erschienen in der damaligen Barmer Zeitung, zeigt eine Runde von Würden- und Anzugträgern. Aus ihrer Mitte sticht eine Dame im hellen Kleid hervor: Stephanie von Mackensen (1894-1985), führendes Mitglied der Bekennenden Kirche in Pommern.
Dr. Karin Oehlmann fand die einzige weibliche Delegierte der geschichtsträchtigen Synode so spannend, dass sie ihre Magisterarbeit über deren Leben und Wirken geschrieben hat. Mehr noch: Der promovierten Historikerin und Pfarrerin Oehlmann ist es zu verdanken, dass nach jahrzehntelangem Vergessen auch in Wuppertal an von Mackensen erinnert wird. Die Dauerausstellung in der Gemarker Kirche zeigt sie mit Bild und Infotafel.
Grund genug für Barbara Herfurth, die die vom Kirchenkreis betriebene Dauerausstellung betreut, Oehlmann für den Gastvortrag „Stephanie von Mackensen und der Kirchenkampf“ an die Kirchliche Hochschule zu holen. Der Vortrag, der im Rahmen von Herfurths Übung „Frauen gestalten Kirchengeschichte“ stattfand, war im doppelten Sinne eine gemischte Veranstaltung. Neben Studierenden saßen interessierte Bürger mit im Hörsaal – und wer lieber zu Hause bleiben wollte, konnte sich per Videokonferenz online zuschalten.
Obwohl von Mackensen als „einziger Mann“ der pommerschen Kirche gelobt worden ist – ihre Biografin möchte ein differenziertes Bild „mit ganz vielen Grautönen“ zeichnen. Denn ebenso groß wie der Glaube der Porträtierten waren ihre Widersprüche. So war die „engagierte Laiin“, von der Dozentin Herfurth spricht, bereits 1932 in die NSDAP eingetreten und hatte sich anfangs auch von den nazifreundlichen Deutschen Christen vertreten gefühlt.
„Das will uns Heutigen nicht in den Kopf“, stellte Oehlmann fest. Mit dem Spagat zwischen Parteigenossin und Bekennender Christin, so die Vortragende weiter, sei von Mackensen aber kein Einzelfall gewesen: „Es gab eine Reihe von Pfarrern der Bekennenden Kirche, die in der Partei waren.“ Was sich damit erklären lasse, dass die Ablehnung des „Führerprinzips“ innerhalb der Kirche nicht immer zu einer grundsätzlichen Gegnerschaft zum Hitlerregime geführt habe.
Das Beharren auf dem Sowohl-als-Auch trieb von Mackensen allerdings auf die Spitze. 1938 geriet sie in Streit mit einem Gauleiter, der Kirchenvertreter verunglimpft hatte. Die Folge war ein Parteigerichtsverfahren – mit dem Ziel, von Mackensen und ihren Ehemann aus der Partei auszuschließen. Vor dem Parteigericht der NSDAP bewies sie einmal mehr ihre Courage und beharrte auf der ersten These der Barmer Theologischen Erklärung: „Jesus Christus allein ist der Herr meines Lebens.“
Ob sich von Mackensen später mit der NS-Vergangenheit beschäftigt habe, fragte ein Zuhörer. In den Dokumenten gebe es dafür keine Belege, betonte Oehlmann. Selbstkritische Äußerungen gebe es aber schon. Hitlers „Mein Kampf“ nicht gelesen und dessen Thesen nicht ernst genommen zu haben, nannte von Mackensen ihre „große Schuld“.