Verein Utopiastadt Bahnhof Mirke: Den verschwundenen Fenstern im Wartesaal auf der Spur

Der Verein Utopiastadt will dem Wartesaal Erster Klasse wieder Glanz verleihen — dazu gehören auch die prächtigen Glasfenster.

Foto: Stefan Fries

Mirke. Sie hat etwas von einem Krimi, die Geschichte von den 34 kunstvollen Glasfenstern des Wartesaals der Ersten Klasse im ehemaligen Bahnhofsgebäude Mirke. Zwar kein Kriminalfall mit Mord und Totschlag, aber auf jeden Fall einer mit dreisten Einbruchs- und Eigentumsdelikten. Ist doch eine große Zahl der prächtigen, bunten Bleiglasfenster zum Teil mehrfach gestohlen, verschollen oder stark beschädigt worden.

Foto: Stefan Fries

Der größte Diebstahl war übrigens ein Gaunerstück mit halsbrecherischem Charakter: Die offenbar nicht unter Höhenangst leidenden Diebe stahlen 18 der Fenster zum Jahreswechsel 2006/07 aus luftiger Höhe und transportierten sie wohl auch unbeschädigt ab. Seitdem verliert sich die Spur der edlen Mosaike, die um 1900 und zum Teil auch davor geschaffen wurden. Zu sehen sind unter anderem eine Chinesin, ein Elefant, ein Schloss mit zwei altertümlichen Schlüsseln und eine Dampflok. Gläserne Kunstwerke, die damals gerade restauriert und zu alter Schönheit erweckt worden waren.

Hinweise auf die gestohlenen Schätze, die samt und sonders wertvolle Einzelstücke sind, gab es trotz polizeilicher Ermittlungen nie. Markus Riedel, einer von drei Vorsitzenden des Fördervereins Utopiastadt, „fahndet“ derzeit nach 26 der Glaskunstwerke, die dem einstigen Wartesaal nach seiner mit mehr als vier Millionen geförderten Restaurierung wieder zu kaiserlichem Glanz verhelfen sollen — allerdings nicht als Museum, sondern als Veranstaltungsraum.

„Das vordere und das hintere Fenster sind noch vorhanden, 16 waren zusätzlich auf jeder Seite angebracht. Ein großer Teil wurde auch schon mal vor Jahren von der Stadt zurück gekauft, dann aber wohl wieder geklaut“, erzählt Riedel, der auf seiner Suche nach dem „verlorenen gläsernen Schatz“ wenigstens zu einem kleinen Teil in Solingen fündig wurde. In der Nachbarstadt hatte ein Rentner noch vier Fenster in seinem Besitz. Der Vorsitzende streckte 1000 Euro aus eigener Tasche vor.

Dazu muss man wissen, dass der Rückkauf oder die Neubeschaffung der Glaskunstwerke nicht Bestandteil der Förderung aus den Programmen der Städtebauförderungen des Landes und der Stadt sind.

Vier weitere Fenster stehen derzeit im Atelier des Sprockhöveler Glaskünstlers Udo Unterieser (69) in Haßlinghausen. „Drei Fenster kann ich problemlos restaurieren, beim vierten ist es schon etwas schwieriger, aber durchaus möglich“, erklärt der renommierte frühere Kunsterzieher, dessen Werke vornehmlich Kirchen, aber auch öffentliche Gebäude in Wuppertal und ganz NRW zieren.

„Natürlich sind wir sehr daran interessiert, die restlichen 24 Fenster zu finden und eventuell zurückzukaufen“, so Riedel, der hofft, dass sich möglichst viele Besitzer der Zeugnisse kaiserlicher Vergangenheit bei der Utopiastadt melden und sie wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt werden können.

Die historischen Fenster nachzubauen, würde zwischen 50 000 und 80 000 Euro kosten und die finanziellen Möglichkeiten des Fördervereins Utopiastadt offensichtlich überfordern. „Es gab immer mal wieder Gerüchte, dass einzelne Rundfenster auf Floh- oder Antikmärkten angeboten wurden. Zu 2000 Euro und mehr, aber gesehen haben wir nie eins“, berichtet Christian Hampe, einer der Mit-Initiatoren des Projekts Utopiastadt sorgenvoll, weiß aber: „Diese Gerüchte besagen wenigstens, dass die Fenster wohl noch im Lande sein könnten.“

“ Wer Hinweise hat, kann sich unter 0177 5803370 (Riedel) oder 39348657 (Hampe) melden — oder direkt im Mirker Bahnhof.