Ein Leben auf dem Weihnachtsmarkt
Viele Händler bauen seit Jahren ihre Buden auf dem Lichtermarkt in Elberfeld auf und freuen sich, mal vier Wochen an einem Ort zu sein.
Zentrum. Aus der Bude von Vanessa Weber duftet es köstlich. Sie glasiert gerade gebrannte Mandeln. Die Handgriffe sind Routine. Seit neun Jahren baut sie ihren Stand auf dem Lichtermarkt auf. „Inzwischen kenne ich schon viele Leute, weil wir auch bei Barmen live und anderen Veranstaltungen dabei sind. Die vier Wochen im Winter sind jedoch auch für sie etwas Besonderes. „Da muss ich nicht ständig auf- und abbauen, habe einen ganz geregelten Tag und die Kunden wissen schon, wo sie mich finden“, berichtet Vanessa Weber. Die Stimmung sei ruhiger, als auf der Kirmes, erst kurz vor Heiligabend ändere sich das. „Wenn die letzten Geschenke noch fehlen, werden die Leute hektisch.“ Trotzdem bleibe häufig noch Zeit für ein kurzes Gespräch. „Heute hat mir noch einer erzählt, dass er gleich zum Zahnarzt muss — eine Tüte gebrannte Mandeln hat er trotzdem mitgenommen“, erzählt Vanessa Weber lachend.
Hinter einem ganzen Dorf aus beleuchteten Fachwerkhäuschen steht Brigitte Rum. Sie verbringt seit mehr als 20 Jahren die Adventszeit in Elberfeld und das mit Leidenschaft. „Das Schönste ist die Kundschaft und die Dinge, die ich verkaufe. Das mache ich mit Herz. Viele Leute bringen Bilder mit, wie sie ihre Häuser aufgebaut haben, und erzählen die Geschichten dazu.“
Mit den anderen Standbetreibern verbindet die Sprockhövelerin ein herzliches Verhältnis. „Wenn ich mal auf die Toilette muss, passt die Nachbarin auf. Ob Backfisch, Glühwein oder der Jackenmann — wir sehen uns jedes Jahr wieder und kennen uns schon lange“, sagt Brigitte Rum. Sie feiert auch ihren Geburtstag auf dem Weihnachtsmarkt. „Dann gehe ich mit ein paar Flaschen Sekt und Bechern rum und wir stoßen gemeinsam an.“
Als Mutter mit einer Großfamilie arbeitet sie sonst nur stundenweise. Auf dem Lichtermarkt ist sie damals eher zufällig gelandet. „Das hat damals in der Zeitung gestanden und daraufhin habe ich mich gemeldet.“ Inzwischen wissen Kinder und Enkel schon, dass sie im Advent nicht mit ihr rechnen können. „Auf die fünf Wochen freue ich mich das ganze Jahr. Da koche ich rechtzeitig vor und von der Familie kommt auch immer mal jemand vorbei.“
Kinderaugen strahlen zu sehen, wenn das nostalgische Karussell sich in Bewegung setzt, macht Kerstin Mainka glücklich. Sie ist begeisterte Schaustellerin. „Das ist ein Beruf, für den wir leben. Wenn ich das nicht mehr machen könnte, würde mir etwas fehlen“, sagt sie mit einem Lächeln. Der Kontakt zu den Menschen ist ihr besonders wichtig. Sie wundert sich oft über die vielen unzufriedenen Gesichter zur Weihnachtszeit. „Wenn ich jemanden anlächele, kommt wenig zurück.“ In den vier Wochen an einem Ort hat sie Zeit, die Leute zu studieren. „Dann nehme ich die Probleme einer Großstadt intensiver wahr, als auf einer Kirmes. Wie die Frau dort drüben im Rollstuhl, der keiner hilft oder die Betrunkene, die morgens zu unserer Musik tanzt.“