Siedlung Am Anschlag: Aus Lauben wurden Häuser

Die Siedlung bot nach dem ersten Weltkrieg ausgebombten Bürgern ein Heim.

Foto: Andreas Fischer

Nevigeser Straße. Wenn Hans Ermels (81) durch die Siedlung Am Anschlag geht, dann darf er der allgemeinen Sympathie sicher sein: Alle Vorbeigehenden oder Vorbeifahrenden grüßen freundlich, und auch Jacky, der kleine Yorkshire-Terrier, schlägt an. Nicht, weil er in dem Vorsitzenden der Siedlergemeinschaft eine mit vollem Körpereinsatz abzuwehrende Gefahr sieht, sondern weil er unbedingt von ihm gestreichelt werden möchte. Es herrscht eine angenehme Atmosphäre in dem idyllischen Fleckchen Erde an der Hainstraße im Norden Elberfelds, wo derzeit 65 Familien und Einzelpersonen wohnen. „64 davon sind Mitglieder in der Siedlergemeinschaft Am Anschlag e.V.“ verrät der freundliche alte Herr.

Am Rande der Großstadt

Ermels erzählt ein wenig als der Geschichte der Siedlung. Die war nämlich früher ein Gartenbauverein, in dem nach und während des zweiten Weltkrieges die in Elberfeld ausgebombten Bürger ein Obdach suchten. Viele blieben und bauten ihre Lauben nach dem Krieg aus und um, kamen mit den 300 Quadratmetern aus, beziehungsweise kauften anliegende Flurstücke dazu. „Damals gab es keine strikten Bauvorschriften. Deshalb hat jeder so gebaut, wie er es für richtig hielt“, so Ermels.

Holzhäuser mit Anbauten, Fachwerk, gemauerte Gebäude, eine Prachtvilla mit verspiegeltem „Zaun“, unterschiedliche Farben, jedoch keine Höhe über mehr als zwei Geschosse. Vorschriften, wie die drei Meter Abstand zur Straße und zum Nachbargrundstück gab es nach dem Krieg noch nicht, weshalb die alten Häuser „grenzenlosen“ Bestandsschutz genießen. Bei späteren Anbauten wurden diese Grenzabstände jedoch eingehalten, was bisweilen ein eigenwilliges, asymmetrisches Bild abgibt.

Der Eingang zur Siedlung, das ist ein ganz besonderer Platz. Der Siedlungsvorstand zeigt auf ein dreieckiges Stück Rasen mit einem von ihm gebasteltes Vogelhäuschen in der Mitte und Wildblumen am Rand. Während den Wildblumen entsprechend wildes Wachstum gestattet ist, wird der Rasen regelmäßig kurz getrimmt. „Ist mein Golfrasen“, so Ermels, der dort zwar keine Putt-Versuche unternimmt, dem als begeistertem Golfer, die Pflege der kleinen Wiese aber sehr am Herzen liegt.

Die Siedlung Am Anschlag ist derzeit einem Wandel unterworfen. Die rege Bautätigkeit resultiert aus Generationenwechseln bei den Hausbesitzern. „Wenn die Älteren versterben, dann hat die nachfolgende Generation der Erben oder Neubesitzer oft ganz andere Vorstellungen von einem Eigenheim“, erklärt der seit 17 Jahren im Amt befindliche Siedlungsvorstand und weist auf diverse Baustellen an den kleinen Straßen im Ortsteil hin. „In der alten Satzung des Gartenbauvereins war verankert, dass der Verein ein Vorkaufsrecht hat, wenn der Besitzer verstorben war und keine Erben hinterlassen hat. Für die Siedlergemeinschaft eV gibt es dieses Recht jedoch nicht.“ Ermels und seine Vereinsmitglieder hoffen jedoch, dass bald neue Familien einziehen und so gut zum dörflichen Charakter Am Anschlag passen, wie die Neusiedler, die in den letzten Jahren dort heimisch geworden sind.