Von der Heydt-Turm wird 125 Jahre alt
1892 wurde das mittelalterlich anmutende Bauwerk seiner Bestimmung übergeben. Seit 1987 ist es offiziell ein Wuppertaler Denkmal.
Elberfeld. Wer den 20 Meter hohen von der Heydt-Turm auf der Königshöhe in Elberfeld besteigt, der befindet sich genau 294 Meter über NN (Normal Null, dem Meeresspiegel) und hat einen herrlichen Blick, allerdings nicht über das gesamte Tal, sondern nur in die Wipfel der umgebenden Bäume, die inzwischen die gleiche stattliche Höhe erreicht haben.
„Um den schönen Turm noch besser zur Geltung zu bringen, sollte man vielleicht eine Schneise, ähnlich wie beim Weyerbusch-Turm auf der anderen Wupperseite schlagen“, ist die Meinung von Antonia Dinnebier, die das steinerne Monument in dem in der Edition Köndgen erschienen Buch „Von der Heydt Königshöhe“ in Wort und Bild beschrieben hat.
Der von der Heydt-Turm wurde am 24. September 1892 seiner Bestimmung übergeben, wird also in Kürze 125 Jahre alt. Als der Stadtbauinspektor Schumann den an das Märchen „Rapunzel“ erinnernden Turm seinerzeit fertig gestellt hatte, da hatte er wohl das Wachstum der umstehenden Bäume unterschätzt, was heutzutage den Blick in die Ferne einschränkt.
„Der Turm wurde auf einem U-förmigen Grundriss errichtet. Die Südostseite, wo sich auch der Eingang zum Sockelgeschoss befindet, wird durch mächtige, verzahnte Eckquader betont. An der gegenüberliegenden halbrunden Wand ist in elf Metern Höhe ein Erker platziert, der auf vier Kragsteinen aufliegt. Die der Stadt zugewandte Plattform erreicht man über einen oktogonalen Aufbau“, so wird der hohe graue Turm beschrieben, den man sich auch gut als Bergfried inmitten einer mittelalterlichen Burg vorstellen könnte. Im Rahmen einer Dissertation wurde diese seltene Ausführung eines Aussichtsturms als „Form der deutschen Renaissance“ beschrieben.
Unterhalb des Turms prangt noch das steinerne alte Stadtwappen von Elberfeld, doch die in Berlin gegossene Bronzetafel mit den Reliefbildern der drei Brüder von der Heydt und dem Familienwappen wurde in der Nachkriegszeit entwendet. Die Herren von der Heydt waren alle drei Teilhaber des Elberfelder Bankhauses von der Heydt, Kersten & Söhne, doch hatten alle drei darüber hinaus Respekt einflößende Positionen. So war August (1801-1874) Stadt- und Landtagsabgeordneter, Präsident des Königlichen Handelsgerichts Elberfeld, Mitglied des Vereinigten Landtages zu Berlin und außerdem Finanzminister. Ihn versetzte der preußische König 1863 in den Freiherrnstand. Bruder Daniel (1802-1874) war ebenfalls Ab- und Beigeordneter von Elberfeld. Er wurde 1854 in das neugebildete preußische Herrenhaus berufen und machte sich als Mitbegründer des „Elberfelder Armenpflegesystems“ auf sozialem Gebiet einen Namen. Der später zum Geheimen Kommerzienrat ernannte Karl (1806-1881) leitete das Bankhaus, engagierte sich in der reformierten Gemeinde und verfasste eine eigene Übersetzung des Neuen Testaments.
Mit der Entstehung des Turms hatte die prominente Elberfelder Familie zunächst nichts zu tun. Um „Beliebtheit und Anziehungskraft der Stadt zu fördern“, beschloss der Verschönerungsverein, der Stadt 5000 Reichsmark für einen Aussichtsturm auf dem Kiesberg zu stiften. Die wiederum wollte sich daraufhin mit 10 000 Reichsmark an den auf 16 000 geschätzten Kosten für das Bauwerk beteiligen. Allerdings führten Standort-Diskussion und Finanzierung zu einer einjährigen Verschiebung des ehrgeizigen Projekts. Eine Initiative bat um Spenden und brachte als Namensgeber den preußischen Generalfeldmarschall Helmuth Karl Bernhard von Moltke ins Gespräch. Doch dann war es der Vorsitzende des Verschönerungsvereins, August Freiherr von der Heydt, der den Ausschlag für den Bau des Turms gab. August konnte seinen Vetter Karl für eine mit weiteren 10 000 Reichmark verbundene Stiftung gewinnen, und der mittelalterlich anmutende Turm konnte gebaut und 1892 seiner Bestimmung übergeben werden.
Wie viele historische Gemäuer verfiel auch der von den Bomben des Zweiten Weltkriegs verschont gebliebene von der Heydt-Turm und wurde 1977/78 wegen Baufälligkeit gesperrt, zum 100-Jährigen aber wieder restauriert. 1987 wurde er in die Denkmalliste der Stadt Wuppertal aufgenommen.