GA: Seit 1887 mit eigener Filiale im Stadtteil

Heinrich Fermor übernahm im Gründungsjahr des General-Anzeigers den Vertrieb in Vohwinkel. Zahlreiche kuriose Anzeigen und Inserate schmückten das Blatt damals.

Foto: Sammlung Momberger

Vohwinkel. Selbstbewusst posiert Heinrich Fermor mit seiner Familie vor der Vohwinkeler Filiale des General-Anzeigers an der Brucher Straße 6. Neben ihm lehnt sich seine Tochter Martha aus dem Fenster. Im Hintergrund steht der Vater vor dem Eingang. Unübersehbar prangt der Schriftzug des General-Anzeigers an der Hauswand und weist auf die stolze Zahl von damals 65 000 Abonnenten hin. Das historische Foto macht die Bedeutung der 1887 gegründeten Zeitung für den Stadtteil deutlich. Diese richtete sich im Kern auf Elberfeld und Barmen aus. Doch auch in Vohwinkel gab es früh eine interessierte Leserschaft. Schon im Gründungsjahr übernahm hier Heinrich Fermor den Vertrieb zunächst an der Bahnstraße. Später zog er mit dem Filialstandort an die Brucher Straße, wo auch das Foto Anfang des vergangenen Jahrhunderts entstand. Eine genaue Datierung gibt es nicht, aber auf der Aufnahme ist im Hintergrund das 1904 eingeweihte Lyzeum der Frauenoberschule zu sehen. Das Foto muss daher später gemacht worden sein. Über den emsigen Vertriebsleiter aus Vohwinkel ist heute wenig bekannt.

Foto: Stefan Fries

„Es muss sich aber um eine wichtige Persönlichkeit gehandelt haben“, sagt Hans-Jürgen Momberger. Der Kenner der Stadtteilhistorie verweist auf Vohwinkel als aufstrebende Landgemeinde am Ende des 19. Jahrhunderts. Durch die Bedeutung als Eisenbahnknotenpunkt und die Ansiedlung von zahlreichen Industriebetrieben stieg die Bevölkerungszahl immer weiter an. 1921 gab es das Stadtrecht. „Zur positiven Entwicklung gehörte natürlich auch eine große Zeitung“, erklärt Momberger. Heinrich Fermor übernahm daher eine verantwortungsvolle Aufgabe. Viele Vohwinkeler Geschäftsleute, Hoteliers und Gaststättenbetreiber inserierten bei ihm. Dabei wurde für die unterschiedlichsten Produkte geworben. Die Autorin Ursula Hüsgen hat in ihrem Buch „Vohwinkel, schon immer eine gute Adresse“ alte Anzeigen aus der Zeit von 1893 bis 1929 zusammengetragen. Auch einiges aus dem General-Anzeiger ist dabei. „Da gibt es interessante Sachen“, erzählt sie.

So wurden die Leser etwa auf den Besuch eines Kammerjägers in Vohwinkel hingewiesen. Bettwanzen hatten da keine Chance. Wer um die Jahrhundertwende herum an Magenschmerzen litt, stieß in der Zeitung auf das Angebot einer Drogerie aus dem Stadtteil. Diese warb mit einem Doppelkorn, der das Leiden fix kurieren sollte. Ob sich der Heiltrank auch stimmungsaufhellend auswirkte, ist allerdings nicht überliefert.

Die Vohwinkeler hatten jedenfalls allen Grund, selbstbewusst zu sein. 1908 wurde der noch heute genutzte Bahnhof gebaut. Mehr als 400 Züge pro Tag passierten zu Kaisers Zeiten Vohwinkel. Neben dem Lyzeum für die Mädchen entstand ein Jungengymnasium an der Mackensenstraße.

Auch das Bankenwesen florierte. Das Bankhaus von der Heydt-Kersten und Söhne baute Ende des 19. Jahrhunderts am Kaiserplatz ein repräsentatives Wohn- und Geschäftshaus. Es nahm 1899 als erstes Bankhaus in Vohwinkel seine Geschäfte auf. Schnell vom Tisch waren auch die Pläne, die 1901 in Betrieb genommene Schwebebahn zeitweise nur bis zum Zoo fahren zu lassen. Zu groß war die Nachfrage der Fahrgäste in Richtung der westlichen Endhaltestelle.

Auch der Vertriebsstandort des Generalanzeigers in Vohwinkel wurde vergrößert. 1925 zog er an die Königsstraße 5 (heutige Kaiserstraße). Vier Jahre später siedelte er sich einige Häuser weiter an der Königsstraße 11 an. Tochter Martha Mahncke übernahm die Geschäfte. Das Haus der ehemaligen Filiale an der Brucherstraße wurde abgerissen. Auf seinem Standort befinden sich heute die Lyzeumsstraße und ein Teil des Schulhofs der Förderschule Wuppertal-West. Diese ist im ehemaligen Lyzeum untergebracht.