Stephan Dallmann pierct mobil

Der 28-Jährige kommt mit seinem umgebauten Krankenwagen zu Körperschmuckfans und setzt ihnen Stifte und Ringe vor Ort ein.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Eine Bekanntschaft im Urlaub auf Lanzarote setzte Stephan Dallmann den Floh ins Ohr. Bis dahin hatte er eher distanziert auf Tätowierungen und Piercings geblickt. Zwei Jahre später hat er sich jetzt mit einem Piercing-Mobil selbstständig gemacht.

Leuchtend grün ist das Fahrzeug, das einst ein Krankenwagen war. Drinnen ist es blitzsauber und erinnert eher an eine Mini-Arztpraxis. Im Mittelpunkt steht der Sitz, der beweglich wie ein Zahnarztstuhl ist. An den Wänden weiße Schränke, Spender für Handschuhe und Desinfektionsmittel. Und in durchsichtigen Schubern Einmalzangen in Plastiktüten.

Stephan Dallmann zieht zur Demonstration einen weißen Kittel und Handschuhe an. „Das Gesundheitsamt ist sehr pingelig“, betont er. Daher achte er genauestens auf Hygiene. Und erklärt, wie er seine Kunden mit den kleinen Metallstiften schmückt. Nachdem er die Hautfläche desinfiziert und mit einer Plastikzange fixiert hat, zeichnet er Ein- und Austrittsstelle ein.

Dann steche er mit einer „Braunüle“ zu, einer Art Spritze, die sonst als Venenzugang genutzt wird. 1,6 Millimeter misst das Metallröhrchen im Durchmesser. Darüber ist ein feiner Kunststoff-Schlauch gezogen. Ist das Loch gestochen, zieht er die Nadel aus dem Kunststoff-Schlauch. „Dann drehe ich den Schmuck in das eine Ende des Schlauchs und ziehe ihn ganz vorsichtig durch das Loch.“ Zum Schluss setzt er ein Endstück auf das Schmuckstück, damit es nicht herausrutscht. Die Methode sei „sehr angenehm“, betont er.

Gelernt hat er das Piercen bei einem Tätowierer auf Lanzarote. Bei ihm ließ er sich vor zwei Jahren das erste Tattoo auf den Oberarm stechen. „Da habe ich gemerkt, das ist gar nicht so schlimm.“ Der erfahrene Tätowierer hat ihm zugleich die Idee schmackhaft gemacht, selbst zu piercen und zu tätowieren.

Ein Jahr später kam er für einen zweiwöchigen Kurs zurück auf die Insel. Denn als er durch einen Sturz bei der Arbeit berufsunfähig wurde, wuchs die Idee, als Piercer sein Geld zu verdienen. Ein geeignetes und bezahlbares Ladenlokal fand er aber nicht. Eine Weile trug er Werkzeug und Schmuck in Koffern zu den Kunden, „doch das war sehr mühselig“, erzählt er. Dann sah er ein Tattoo-Mobil im Fernsehen. Er fand einen Unternehmer, der gebrauchte Krankenwagen wieder auf Vordermann bringt, und wurde mit ihm handelseinig. Im Mai war das Mini-Studio fertig.

Beim Presse-Termin steht der Wagen auf dem Park-and-Ride-Parkplatz am Bahnhof Oberbarmen. Neugierige junge Leute stecken immer wieder den Kopf in die geöffnete Tür. Stephan Dallmann zückt gleich ein paar Visitenkarten und Flyer. Und erklärt, dass er mit dem Piercing-Mobil überall hinkommen kann.

Dann hat er den Arbeitsplatz gleich sauber und hygienisch dabei. Die Desinfektion nimmt er mit Ozon vor. Dafür muss er ein kleines Gerät im Wagen aufhängen, die Wagentüren schließen und zwei bis drei Stunden warten.

Werbematerial und eine Internetseite hat er selbst gestaltet. Unterstützung bekommt er von seinem Freund Michael Patzig, der tätowieren kann. Angedacht ist, dass er irgendwann ins Geschäft einsteigt.

Aber zunächst soll alles Nebenerwerb bleiben, „man weiß ja nicht, wie es sich entwickelt“, betont Stephan Dallmann. Deshalb wird er demnächst eine Umschulung machen. Als Anlagenmechaniker kann er seit dem Sturz nicht mehr arbeiten. Bei der Umschulung will er sich auch kaufmännisch weiterbilden, damit er im eigenen Geschäft den Überblick behält.