Umweltschutz Spähen, horchen, notieren: Bestandsaufnahme im Garten

Umweltverbände wie Nabu und BUND riefen zur Vogel-Zählung auf. Dank Corona machten besonders viele mit.

Biologe und Vogel-Experte Jan-Niklas Jahnke (l.) und Christoph Ziegler, Mitglied im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland sowie pensionierter Förster.

Foto: ANNA SCHWARTZ

„Hier ist eine – und da drüben ist noch eine.“ Zwei Heckenbraunellen hat Jan-Niklas Jahnke entdeckt und ruft den Befund quer über die Wiese Christoph Ziegler zu, der ihn gleich notiert. Die „Stunde der Gartenvögel“ war im Permakulturhof Vorm Eichholz besonders fachkundig: Jahnke ist Biologe und Vogel-Experte, Ziegler ist Mitglied im „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ (BUND) und pensionierter Förster. Im Grunde aber gab es solche Szenen dieses Wochenende wieder zu Tausenden.

Zur „Stunde der Gartenvögel“ rufen Umweltverbände wie „Nabu“ und BUND seit Jahren am zweiten Maiwochenende auf, inzwischen schon zum 17. Mal. Für 60 Minuten gehen viele Gartenbesitzer im Land an eine besondere Bestandsaufnahme: Welche Vogelarten suchen das Grün am Haus auf, und wie viele von jeder? Im Corona-Frühling 2020 wandten mehr als je zuvor ihre Aufmerksamkeit dem eigenen Mini-Paradies und seinen fliegenden Gästen zu: Erstmals über 150 000 Teilnehmer verzeichnete der Nabu voriges Jahr.

Man braucht etwas Übung,
um das Gezwitscher zu erkennen

Spähen wie auch Horchen ist dabei stets die Devise. Wer nun als Unkundiger die Ohren in die kühle Luft am Dorner Weg streckte, mochte aus dem zarten Gezwitscher zunächst kaum Identifizierbares heraushören. Fachmann Jahnke beruhigte: Einst habe auch er bei Erfahreneren über deren Sensorium nur staunen können, doch es schärfe sich schnell.

Und vielleicht ist es keine Einbildung, dass eine Ahnung davon sich einstellte, hatte man einmal das Fernglas selbst vor Augen: Auf dem Dachfirst, hieß es, saß ein Gimpel, und dass er lautlich „kratzt“, wie der Experte versicherte, meinte man mit etwas Fantasie schon zu hören.

Zum Erfassen des Vogelbestands bei der bundesweiten Zählstunde gilt die Regel: An dem Moment orientieren, in dem eine Art am häufigsten zeitgleich vertreten ist. Das soll Doppelzählungen vorbeugen. Selbst wenn für einen Teilnehmer alle Meisen gleich aussehen sollten, so sind ja zehn Meisen ein gesicherter Befund, wenn sie alle gleichzeitig an einer Stelle auftauchen.

Oft fehlt der
Lebensraum

Der Elberfelder Permakulturhof liegt auf dem Gelände eines früheren Bauernhofs, und dessen einstige Stall ist noch gut zu erkennen. Man teilt sich den Platz mit der „Bergischen Gartenarche“, die sich der Bewahrung alter Obstsorten und sonstiger Pflanzen verschrieben hat. Betrieb ist hier regelmäßig: Während die einen heute Vögel zählen, widmen die anderen sich nicht weit entfernt der Gartenarbeit - wie jede Woche.

Mit der Zählstunde fürs Flattertier haben beide Einrichtungen viel gemein. Die „Arche“ pflegt die Pflanzenvielfalt, die auch fürs Perma-Prinzip wichtig ist – zu diesem gehört laut Homepage: „Permakultur versteht sich als eine Handlungsanleitung für eine wachsende Zahl von Menschen, die sich Gedanken machen, wie wir die Selbstorganisationsprinzipien der Natur auch in Stadt und Land umsetzen können.“

Zudem hängt beides zusammen: Wenn der Bestand einer Art zurückgeht, so sind die Gründe nicht zuletzt in der Landwirtschaft zu suchen. Ziegler gibt das Stichwort: „Monokulturen.“ Dominiert also nur eine Art auf Beeten und Feldern, fehlt Lebensraum – für bestimmte Vögel oder für Insekten, die diese wiederum als Nahrung brauchen.

Generell werden die Daten der Hobby-Zähler zentral erfasst und interpretiert – und das postwendend. Noch während der laufenden Aktion vermeldete der Nabu am Samstag online erste Auswertungen: „Durch verbesserten Bruterfolg konnten die heimischen Blaumeisen die krankheitsbedingten Verluste des Vorjahres weitgehend wieder ausgleichen. Darauf deuten die bisherigen Resultate der noch bis Sonntag laufenden Stunde der Gartenvögel hin.“

Forscher Jahnke lobte: „Die Aktion sorgt für Begeisterung. Mancher wird auch im Folgejahr teilnehmen und vielleicht noch andere zum Mittun anregen.“