Forschungsprojekt an Uni Wuppertal App „Simra“ soll Gefahrenpunkte im Radverkehr erkennen und entschärfen

Wuppertal · Ein Projekt der TU Berlin wird jetzt auch in Wuppertal umgesetzt. Eine App soll helfen, die Infrastruktur für Radfahrer in der Stadt zu verbessern.

Tim Holthaus von der Bergischen Universität ist lokaler Ansprechpartner für das Forschungsprojekt SimRa.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Radverkehr auszubauen und sicherer zu machen, das geht nicht auf einen Schlag. Das erfordert Arbeit. Und zuweilen auch Daten. Weil es wichtig ist, zu wissen, wo Radfahrer herfahren und wo eventuell Gefahrenpunkte liegen. Daran arbeitet die TU Berlin mit der App „Simra“ (Sicherheit im Radverkehr), die seit Anfang Februar auch für die Region Wuppertal/Remscheid/Solingen zugänglich ist.

Tim Holthaus, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Güterverkehrsplanung und Transportlogistik der Bergischen Universität, hat das Projekt nach Wuppertal geholt. Er möchte damit den Radfahrern gegenüber der Verwaltung eine Stimme geben, um Missstände aufzuzeigen.

Wie das funktionieren soll? Nun, die App wirkt erst einmal ein wenig wie eine Navigationsapp, sie zeigt eine Stadtkarte, geht dabei von der eigenen Position aus, die mit einem Fahrrad markiert ist. Die App navigiert aber nicht zum Ziel, sondern folgt dem Nutzer, zeichnet seine Wege auf Knopfdruck auf.

Als Nutzer gibt man an, mit was für einem Rad man unterwegs ist, ob Kinder mit auf dem Rad sitzen, oder ein Anhänger gezogen wird. Aus Gründen des Datenschutzes kann man zudem eine Verzögerung in der Aufzeichnung bestimmen - in Sekunden oder Metern. So erfahren die Auswertenden nicht, wo der einzelne Nutzer wohnt.

Die App arbeitet mit GPS, um die Strecken zu erfassen, aber eben auch mit Beschleunigungssensoren, um festzustellen, wo die Nutzer wie schnell sind und wann sie abrupt bremsen oder ausweichen mussten, oder gar gestürzt sind.

Diese Gefahrensituationen, die die App selbst erkennen soll, soll der Nutzer am Ende der Fahrt noch kategorisieren und kommentieren und gegebenenfalls durch nicht vorgeschlagene Gefahrensituationen ergänzen. Tim Holthaus von der Uni sagt, als Nutzer müsse man etwa eine Minute investieren und könne einen „wahren Schatz an Daten“ liefern, der der Forschung und letztlich der Verbesserung der Infrastruktur diene.

Aufzeigen, wo die Radfahrer tatsächlich entlangfahren

Er erklärt, dass es in Wuppertal und dem Bergischen Land wegen der vergleichsweise geringen Infrastruktur auch recht leicht sein sollte, durch die Daten Verbesserungen zu unterstützen. Es gehe bei der Sammlung nicht nur darum, Gefahrenpunkte an sich zu zeigen, sondern auch, von wo nach wo Fahrten stattfinden und in welchem Kontext. Fahren die Leute in der Freizeit, zum Einkaufen oder pendeln sie zur Arbeit mit dem Rad? Machen sie einen Umweg über eine Kita? Dafür würden die Fragen zur Art des Rads und darüber, ob ein Kind dabei ist oder ein Anhänger gezogen wird, gestellt. Anders als den meisten Autofahrern, gehe es Radfahrern nicht immer um die kürzeste Route, sagt Holthaus. Sondern etwa darum, wo man ab sichersten fahren kann, oder wo es landschaftliche oder architektonische Reize gebe. Daher sei auch zu klären, wo die Radfahrer in Wuppertal und dem Umland tatsächlich entlangfahren, warum und mit welcher Geschwindigkeit.

„Zu all dem besteht ein hoher Forschungsbedarf“, sagt Holthaus. Deswegen hofft er auf möglichst viele Nutzer, die die App in verschiedenen Situationen nutzen und so die Daten möglichst breit auffächern. „Solche Daten wären sicher auch für die entstehende Fahrradprofessur in Wuppertal interessant“, sagt Holthaus.

Und sie sind es auch für Holthaus. Er ist Teil des Forschungsprojekts zur Belieferung des Einzelhandels mit Lastenrädern, das in Düsseldorf bereits gestartet ist und auch in Wuppertal starten soll. Die Daten für Nutzer mit Lastenrädern haben daher sicher einen besonderen Reiz.

Für Holthaus als Forscher geht es bei dem Projekt nicht um eine politische Agenda. Ihm gehe es nur um eine gleichwertige Behandlung aller Verkehrsteilnehmer und darum, dabei zu helfen, diese zu erreichen. Wenn man mehr Infrastruktur schaffe und diese auch sicher gestalte, dann „fahren auch mehr“, ist er sich sicher. Durch die Weitergabe der Auswertungen zu den tatsächlichen Wegen und den Gefahrenpunkten an die Stadt könne man dort Anstöße geben, die Wege zumindest sicherer zu machen, hofft er. Und das Geld an den richtigen Stellen zu investieren – eben dort, wo Radfahrer tatsächlich fahren.

Norina Peinelt, Beauftragte der Stadt für den nicht motorisierten Verkehr, sieht die Forschungs-App positiv. Die Stadt habe schon 190 Mängel im Radwegenetz im Rahmen des Radverkehrskonzepts identifiziert und wolle bald anfangen, sie abzuarbeiten. Die Daten aus der App könnten laut Peinelt helfen, die eigenen Daten zu ergänzen.