Bewerberdating: Schlangestehen für den Ausbildungsplatz im Bergischen

Bei der IHK hatten 70 Firmen 240 Lehrstellen zu vergeben. Viele Interessenten kamen — aber nicht alle waren gut vorbereitet.

Wuppertal. „Heute ist ja mal richtig Leben in den heiligen Hallen.“ So beschrieb ein Mitarbeiter das Bergische Bewerberdating, das gestern zum fünften Mal in der Hauptgeschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid (IHK) stattfand. Knapp 800 interessierte Jugendliche kamen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ans Islandufer. Am Vormittag reichte die Schlange bis zum benachbarten Sparkassengebäude.

Auch auf Seite der Betriebe war das Interesse groß. Über 70 Unternehmen aus Industrie, Handel, Dienstleistung und Handwerk hatten zusammen mehr als 240 freie Ausbildungsstellen im Gepäck. Im ganzen Gebäude an Ständen verteilt, boten die Unternehmen den Besuchern die Möglichkeit, sich zu informieren, sich den Firmen vorzustellen und bei Bedarf direkt eine Bewerbungsmappe abzugeben.

Der siebzehnjährige Marcel Lucas etwa stand am Stand der Daimler AG. Im Sommer macht er seinen Realschulabschluss, seit einiger Zeit weiß er, dass er Kraftfahrzeug-Mechatroniker werden möchte. Jetzt reichte er seine Bewerbungsmappe über den Tisch und beantwortete Fragen zu Vorkenntnissen und Fehlstunden. „Dieses Jahr ist es schwierig, die Lehrstellen zu besetzen“, sagte dazu Ullrich Ullenbaum, Ausbildungsleiter der Daimler AG. Es gebe immer weniger Bewerber und dementsprechend sei auch die Qualität. Das Bewerberdating sah er als Chance: „Wir freuen uns, wenn wir Bewerber direkt ins Auswahlverfahren übernehmen können.“

Die Arbeitsagentur hatte alle Ausbildungssuchenden des Städtedreiecks eingeladen, auch Schulklassen kamen mit ihren Lehren. Viele Jugendliche hatten ihre Eltern mitgebracht. Krawatten und Hosenanzüge suchte man vergebens: Die meisten Bewerber kamen in Jeans und Sweatshirt, die Stimmung war entspannt.

Auch bei Ausbilderin Martina Reisse am Stand von Parkett Dietrich. Sie hatte drei Ausbildungsstellen als Parkettleger zu vergeben — auf die die Firma bisher keine einzige Bewerbung erhalten hatte. In der IHK wollte Reisse den ziemlich unbekannten Ausbildungsberuf vorstellen — mit durchwachsenem Erfolg. „Viele Bewerber sind recht unvorbereitet“, sagte sie. Die meisten Jugendlichen hätten gar keine Bewerbungsmappen dabei.

Lisa Bischof dahingegen war gut vorbereitet. Die 19-Jährige hat vor einem Jahr ihr Abitur gemacht, dann aber keine Ausbildungsstelle gefunden. Jetzt arbeitet sie in einer Maßnahme der Arbeitsagentur und hat sich einen Tag frei genommen, um es beim Bewerberdating noch einmal zu versuchen. „Es ist viel besser, mit dem Betrieb persönlich zu reden als sich zum Beispiel im Internet zu bewerben“, sagte Lisa. Der Erfolg gab ihr Recht: Vier Bewerbungsmappen hat sie bei Unternehmen abgegeben, ein Betrieb hat sie sogar für heute zu einem Einstellungstest eingeladen.