Was glauben Sie denn? Wuppertaler Kirchenkolumne: Ein Paradies auf Asphalt?
Wuppertal · Ein Garten, zwei Bäume in der Mitte und erste Erkenntnisse – das muss der Garten Eden sein … oder die Popup-Buga auf dem Platz am Kolk in Elberfeld.
Eine von den beiden Anpflanzungen ist jedenfalls ein Paradies, mit dem der Schöpfer sich viel Mühe gegeben hatte. Im sogenannten zweiten Schöpfungsbericht (Gen 2,4-25) wird beschrieben, dass es auf der Erde anfangs noch pflanzenlos, trocken, hart und staubig war. Aber Feuchtigkeit stieg schon aus der Erde auf und tränkte den Erdboden, sodass aus dem Staub eine formbare, erdige Masse wurde: „Da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.“ (Gen 2,7) Der Mensch tritt hier nicht als krönender Höhepunkt göttlichen Schaffens auf den Plan, sondern als Erstlingswerk Gottes. Matsch macht’s möglich.
Die matschige Urexistenz wird erst durch die Einhauchung des göttlichen Atems lebendig. Christen nennen diese Atem auch als Heiligen Geist, weil Gott in ihm als Heiliger Gast in allem gegenwärtig ist, was lebt und atmet. Noch aber ist der Mensch gewordene Matsch aber umgeben von einem leblosen Nichts. Der Schöpfer muss den Garten Eden erst beackern, die staubig-leblose Natur kultivieren, vielerlei Bäume anpflanzen, die mit ihren Früchten Nahrung bereitstellen. Er muss für eine Bewässerung sorgen, damit die Oase, die er schafft, nicht schneller wieder zur Wüste wird, als er den Garten angepflanzt hat. Dieser Garten wird zum Wohnsitz für den Menschen, „damit er ihn bearbeite und hüte“ (Gen 2,15). Der Garten Eden war also kein Schlaraffenland. Von Anfang an gab es einen Arbeitsauftrag: Der Mensch soll den Garten, den Gott für ihn angepflanzt hat, übernehmen, hegen und pflegen.
Wer immer einen Garten sein Eigen nennt, weiß, wie schnell die Kultur natürlich verwildert. Einen Garten zu haben, bedeutet Arbeit – vor allem nicht, wenn man allein ist. Die paradiesische Einsamkeit drückt den Menschen. Deshalb schafft Gott ihm Tiere als Gefährten. Das nämlich ist klar: Der Mensch kann, soll und muss beackern, was da ist. Hinzufügen zu dem, was ist, kann er nichts. Das ist und bleibt in göttlicher Verantwortung.
Den Tieren aber fehlt die Ebenbürtigkeit. Deshalb nimmt Gott den Menschen, der bisher weder Mann noch Frau ist, und teilt ihn, sodass zwei komplementäre Wesen entstehen – eines männlich, eines weiblich. Dadurch entsteht nicht nur ein menschliches, ebenbürtiges Gegenüber. Es entsteht auch die Möglichkeit, sich fortzupflanzen. Die Geschichte des Menschen beginnt – eine Geschichte, in der er unter anderem lernt, Gut und Böse zu unterscheiden. Der Hebräerbrief lehrt, dass sie die Voraussetzung mündigen Erwachsenseins ist, „deren Sinne durch Gebrauch geübt sind, Gut und Böse zu unterscheiden“ (Hebr 5,14).
Der Mensch muss, nachdem er die göttliche Fähigkeit der Erkenntnis von Gut und Böse erlangt hat, den Garten Eden verlassen. Er hat dort alles gelernt, was er braucht, um die Schöpfung zu bewirtschaften, zu hegen und zu pflegen. Er kann und muss die Welt nun selbst gestalten. In gewisser Weise handelt er dort als Stellvertreter Gottes. Ihm gegenüber bleibt er deshalb rechenschaftspflichtig. Die Sehnsucht, paradiesische Orte zu schaffen, scheint dem Menschen in die DNA eingeschrieben zu sein. Kein Wunder, dass Wuppertal sich der Herausforderung annimmt, bei der Buga 2031 ein Brachgelände im Wuppertal Westen neu zu beleben, die Königs- und die Kaiserhöhe neu zu gestalten und noch mehr. Geschmack darauf soll die Popup-Buga auf dem Platz am Kolk machen. Zwei Bäume standen dort schon in der Mitte – wie im Paradies. Ansonsten ist da zwischen Bauzäunen, einigen Pflanzenkübeln und vor allem trocken-staubigem Asphalt noch wenig Paradiesisches zu sehen. Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen ordentlich am Baum der Erkenntnis naschen. Allein etwas Rollrasen auf dem Platz am Kolk hätte schon viel Visionäres gehabt und die Vorfreude auf die Buga gesteigert. Oder wenigstens ein bisschen Matsch … Was glauben Sie denn?