Was glauben Sie denn? Wuppertaler Kirchenkolumne: Max weiß, was er will

Wuppertal · Ich will mal Busfahrer werden.“ Max ist 10 Jahre alt und sich sicher. Warum auch nicht? In Wuppertal werden Busfahrer händeringend gesucht.

Karin Weber

Foto: evangelisch Wuppertal

Max gebärdet von nichts anderem mehr. Er ist gehörlos. Wird er seinen Traum leben können? „Was willst du?“, fragt Jesus einen Mann, der blind ist. Ich frage mich: „Was will ich, wenn ich nicht mehr so gut laufen kann, wenn mein Gehör oder meine Sehkraft nachlässt? Wenn mein Gedächtnis nicht mehr so funktioniert, wie ich es jetzt gewohnt bin.“

Max weiß, was er will, er hat sein Ziel klar vor Augen. Der blinde Mann will sehen können, dazugehören zu den anderen. Das sagt er Jesus. Ich will – auch falls ich Einschränkungen habe – mittendrin sein, mitbestimmten, selbstbestimmt leben, nicht mitleidig belächelt werden in der Gesellschaft, in meiner Stadt, in meiner Kirche.

Seit 15 Jahren, seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), ist es geltendes Recht in unserem Land: Inklusion, also die Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist kein Akt der Fürsorge oder Gnade, sondern ein Menschenrecht. Menschen mit Behinderung sind keine Bittsteller, sondern Träger von Menschenrechten. Sie haben das Recht, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihr Leben nach ihren Wünschen zu gestalten. Es ist normal verschieden zu sein, und kein Makel. Der Staat ist in der Pflicht, die Rechte von Menschen mit Behinderung zu achten, zu gewährleisten und zu schützen.

Ende des Monats gedenken wir der Barmer Theologische Erklärung. Sie wurde 1934 verfasst und gehört zu den Bekenntnissen unserer evangelischen Kirche. Die 6. These stellt fest: „Der Auftrag der Kirche, … besteht darin, … die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk.“

Ich verstehe das so: Allen Menschen ist die Teilhabe am Gemeindeleben und an Verkündigung zu ermöglichen. Alle sollen mitwirken und alle werden mit ihren Begabungen in der Gemeinde gebraucht. Inklusion ist ein ureigenes Anliegen unseres Glaubens. Gerade als Christen, Kirche und Gemeinde wollen und müssen wir uns darum um Inklusion kümmern.

Das beginnt unter anderem mit einer respektvollen Wortwahl. Wir reden von und mit „Menschen mit Behinderung“ statt über „Behinderte“. Und es geht weiter, indem wir fragen: „Was willst du und was brauchst du? Was tun wir als Kirche und Gemeinden, um das Menschenrecht auf Teilhabe und Teilgabe umzusetzen? Welche Ressourcen sind wir bereit, dafür einzusetzen? Inklusion fällt nicht vom Himmel, sondern ist ein Weg – gemeinsam mit Menschen mit Behinderung, die Experten in eigener Sache sind.

Sie wissen, wo unsere Gebäude behindern, statt einzuladen: Kann ein Mensch mit Rollator problemlos in die Kirche kommen? Gibt es eine Rampe, einen Aufzug und einen Klingelknopf, der auch für Menschen im Rollstuhl erreichbar ist? Sind die Türen breit genug? Ist die Akustik so, dass auch Schwerhörige verstehen können? Blendet das Licht und wirft Schatten, sodass taube Menschen ihr Gegenüber nicht gut sehen können? Funktioniert die Induktionsanlage und sind die Plätze gekennzeichnet?

Jesus hat den blinden Mann in seine Gemeinschaft geholt. Max hat seinen Platz in der Gehörlosengemeinde gefunden. Durch Gebärdensprache wird er verstanden und er versteht alles. Und ich freue mich darauf, mit ihm später im Bus zu fahren: mit Rollator oder Rollstuhl – egal, Hauptsache, ich komme von A nach B. Inklusion ist für mich ein Hoffnungswort für eine Kirche und Gesellschaft, in der jeder zählt.