Freies Netzwerk Kultur Wuppertaler Kulturkolumne: Schwebebahn verbindet die Stadt der Innenstädte

Wuppertal · Tine Lowisch bevorzugt kurze Wege für langfristige Ziele.

Tine Lowisch  

Foto: CLAUDIA SCHEER VAN ERP

Meine Stadt ist lang, aber nicht weilig. Sie ist ständig in Bewegung. Seit über 100 Jahren schaukelt uns die Schwebebahn wie ein Bahnschiff von der Kaiserstraße bis zum Berliner Platz, von Vohwinkel bis Oberbarmen, von einem Hafen zum anderen. Und jetzt, da Wuppertal in der Welt nicht mehr nur als Schwebebahn – oder Tanzstadt, geprägt durch Pina Bausch oder als Heimat des weltweit erfolgreichsten Bildhauers Tony Cragg mit seinem Skulpturenpark wahrgenommen wird, sondern darüber hinaus auch noch als Circular Valley mit Schwebo- und auch Visiodrom, fände ich es wunderschön, wenn mein Kindheitstraum endlich in Erfüllung ginge: Stundenlang Schwebebahn fahren – immer im Kreis, durch beide Wagenhallen hindurch.

Ich weiß nicht, ob das möglich ist, aber wenigstens als touristische Sonderfahrt sollte das doch gehen. Denn im Loop, mit voller Übersicht, lässt sich besser erkennen, was diese Stadt der Innenstädte im Inneren verbindet. Dieses eigenartige, aktivistische Wuppertal mit seiner Schwebebahn als Ariadnefaden. Warum das InnenBandStadt- Projektgebiet kurz vor der Landstrecke endet, obwohl diese aus meiner Sicht besonders viel Entwicklungspotenzial hat – vor allem in Bezug auf die Besucherströme, die wir zur Bundesgartenschau 2031 erwarten –, erschließt sich mir nicht so ganz.

Mit künstlerischen Mitteln hat uns das WunderTal-Tanzprojekt von unserem neuen Tanztheater-Direktor Boris Charmatz auf der Sonnborner Straße im Sommer doch eindrucksvoll bunt und wild gezeigt, was passiert, wenn sich lieber Menschen als Autos auf Innenstadt-Straßen freizügig bewegen.

Ich freue mich auf jeden Fall auf den Versuch, die Kaiserstraße als Fußgängerzone zu testen. Dass sie sich dafür hervorragend eignet, hat der längste Flohmarkt der Welt über viele Jahre bewiesen und das Nachbarschaftsfest lässt die Vohwinkeler und Vohwinkelerinnen alljährlich inmitten ansprechender Architektur flanieren und immer wieder neue Pläne schmieden, auf dass dieser drittgrößte Stadtteil freundlich ist und bleibt.

Einige dieser neuen Pläne haben dazu geführt, dass unsere „Mission: Bahnhof“ um Weihnachten herum abgerundet sein wird. Dann nämlich verlässt die Kunststation das Bahnhofsgebäude. An unserem neuen Standort werden wir mit all der am Bahnhof gemachten Erfahrung versuchen, die Achse zwischen der Vohwinkeler Vor- und Innenstadt zu stärken. Bei unserem neuen Kunststation-Konzept setzen wir dabei auf noch kürzere Wege, um unser langfristiges Ziel zu erreichen: Den Stadtteil, in dem wir leben und arbeiten, mit der Wirkung und dem Einfluss von Kunst und der Vermittlung von Kunstverständnis lebens- und liebenswert zu erhalten.

Da gibt es weiterhin viel zu tun und wir werden auch im nächsten Jahr unsere Arbeit genauso wie unsere Kunst in die freie Verfügung von Zeit stellen. Die kreative Alltagspraxis der Kunststation hat dabei nicht unbedingt die Verpflichtung, Kunst im klassischen Sinne hervorzubringen. Diese Selbstverpflichtung ist für einen Bildhauer und seine Frau ja sowieso das tägliche Brot.

Darüber hinaus ist und bleibt es eher unser Credo, Veränderungen als Möglichkeiten zu zeigen. Dass sich zum Beispiel die Kaiserstraße inhaltlich verändern muss, ist augenfällig. Wie das in nachbarschaftlicher Abstimmung herbeigeführt werden kann, besprechen wir dann in der Neuen Kunststation. Weiterhin bei freiem Eintritt und natürlich mit den Mitteln der Kunst.