Digitale Podiumsdiskussion „Jeder einzelne soll den lokalen Handel stärken“
OB-Kandidaten sprachen über den Handelsstandort Wuppertal. Zuschauen war digital möglich.
Der Begriff „Podiumsdiskussion“ mag in Pandemie-Zeiten etwas übertrieben gewirkt haben, schließlich fand das Treffen der Oberbürgermeister-Kandidaten am Dienstagabend aufgrund der Corona-Auflagen in kleinem Rahmen und ohne Vor-Ort-Publikum statt. Dafür allerdings konnten Zuschauer die Debatte an den „digitalen Endgeräten“ verfolgen, wie Moderator und WZ-Chefredakteur Lother Leuschen eingangs betonte. Immerhin kreiste die Diskussion dafür um ein umso größeres und vielgestaltigeres Thema: „Handelsstandort Wuppertal, quo vadis?“ lautete die bange Frage.
Wohin also schreitet die Einkaufsstadt Wuppertal? Mit dieser Fragestellung, die sich freilich vor allem an der Innenstadt Elberfelds festmachte, befassten sich der amtierende Oberbürgermeister und SPD-Kandidat Andreas Mucke, der OB-Bewerber für CDU und Grüne, Uwe Schneidewind, der Linken-Kandidat Bernhard Sander und der parteiunabhängige Bewerber und frühere städtische Rechtsdezernent Panagiotis Paschalis. Komplettiert wurde die Runde von dem FDP-Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat, Alexander Schmidt, der für den noch zu benennenden OB-Bewerber seiner Partei die liberalen Farben hochhielt, und dem Vorstand der Interessengemeinschaft der Elberfelder Geschäftswelt, IG1, Matthias Zenker. Die IG1 hatte mit der WZ die Veranstaltung organisiert.
Dass der Einzelhandel in Wuppertal noch Luft nach oben hat, wurde mit Blick auf die Kaufkraftbindung deutlich: Demnach liegt die Einzelhandelskennziffer in Wuppertal bei 98,2 Prozent, das heißt nicht einmal 100 Prozent der vorhandenen Kaufkraft fließt in den lokalen Einzelhandelsumsatz. Für ein Oberzentrum wie Wuppertal, das Attraktivität auch auf die Region und das Umland ausüben sollte, bleibt da also noch einiges zu tun.
Mit Blick auf den neuen Döppersberg warf IG1-Vorstand Zenker die Frage auf, wie es mit der Gestaltung der Innenstadt nach dem Umbau des Döppersbergs und mit Blick auf die geplante Qualitätsoffensive denn nun aussehe. Derzeit gebe es noch „außerordentlich viele Leerstände“ in der Innenstadt. Es gehe nun darum, die „spannenden Inhalte“ der Stadt noch besser miteinander zu verbinden und damit zu werben.
In sechs Jahren sei der Einzelhandel um ein Zehntel geschrumpft
OB Mucke sprach sich dafür aus, dass jeder einzelne Bürger den lokalen Handel noch weiter stärken sollte – und möglichst auf Bestellungen im Internet verzichtet. Ansonsten drohe ein sich „selbstverstärkender Prozess“: Innerhalb von sechs Jahren sei die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte in Wuppertal bereits um ein Zehntel zurückgegangen. Bedauerlich sei zudem, dass es in Wuppertal 90 Jahre lang kein Stadtentwicklungskonzept gegeben habe. Dieses sei erst im vergangenen Herbst vom Stadtrat verabschiedet worden. Immerhin stünden aber 40 Millionen Euro für den Umbau der Elberfelder Innenstadt bereit. Und der werde nun „Stück für Stück“ umgesetzt.
Raumgreifend in seinen Vorstellungen präsentierte sich Uwe Schneidewind, der als Wissenschaftler und Noch-Präsident des Wuppertal Instituts die globalen Zukunftsentwicklungen offenbar als Anregungen für lokale Herausforderungen sieht. Er mahnte „eine Leitidee“ für die Stadtentwicklung an. So könnte sich die Stadt etwa als Gesundheitsstandort präsentieren oder mit einem Pfund wuchern, mit dem sie bundesweit schon Aufmerksamkeit erhalten hatte: das zivilgesellschaftliche Engagement der Bürger, wie es zum Beispiel beim Aufbruch am Arrenberg oder in der Utopiastadt deutlich werde. Die bisherigen Vorstellungen zur Entwicklung der Innenstadt seien jedoch noch zu sehr „der Idee der 90er Jahre“ verhaftet. Hier müsse man aber „anders denken“.
Linken-Kandidat Sander kritisierte bei den Planungen der Stadt vor allem die „Überdominanz“ des Autoverkehrs und sprach sich dafür aus, auch die Anliegen von Menschen zu berücksichtigen, denen es finanziell schlecht geht. Der unabhängige OB-Kandidat Paschalis reklamierte im Zusammenhang mit der Gestaltung der Innenstadt einen engen Dialog mit Bürgern und Kunden. Es sei nötig, „Wuppertal neu zu erfinden“. Und der FDP-Vertreter Schmidt mahnte die Entwicklung eines Stadtmarketingkonzepts an, das Wuppertal auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannter machen könnte.
Die Diskussion kann auf dem Facebook-Kanal der WZ Wuppertal angesehen werden.