Bildung Wuppertaler protestieren gegen einheitliche Abschlussprüfungen
Eltern befürchten, dass damit ihren Kindern der zukünftige Weg verbaut werden könnte, wenn beispielsweise die Lehrstellensuche ansteht.
„Unseren Kindern wird ihr weiteres Leben verbaut“, findet Anja Bäumers deutliche Worte angesichts der Pläne aus dem nordrhein-westfälischen Bildungsministerium, die Abschlussprüfungen der 10er Klassen landeseinheitlich durchzuführen. Die Elternvertreterin der Friedrich-Bayer-Realschule in Wuppertal sagt, dass dieses Zeugnis Türöffner oder Stolperfalle sein kann. Durch Corona sei es für Schulabgänger schwierig wie lange nicht mehr, einen Fuß in einen Betrieb zu bekommen, überdies seien Lehrstellen rückläufig. „Die Schüler stehen unter immensem Druck, sie haben Angst“, weiß Bäumers. Anstatt ihnen zu helfen, werde ihnen von Bildungsministerin Yvonne Gebauer „Steine in den Weg gelegt“.
Die Eltern seien felsenfest davon ausgegangen, dass es in diesem Jahr alles so ablaufen würde wie im Vorjahr, als die Schüler eine von den Fachlehrern ihrer Schule aufgestellte Abschlussprüfung schreiben durften. „Denn die Bedingungen haben sich ja noch verschlechtert“, hebt Bäumers hervor. Der vorherige Jahrgang, so verdeutlicht sie, war von dem pandemiebedingten Schulausfall circa vier Wochen betroffen. „Unsere Kinder sind über 52 Wochen davon betroffen.“ Die Schüler mussten sich ihren Prüfungsstoff selber einteilen, Themen in Eigenregie erarbeiten, sich über Youtube-Videos Lernstoff angeeignet. „Das alles kann man aber nicht im Rahmen von einheitlichen Prüfungen abfragen“, erläutert Bäumers. Voraussetzung für eine landeseinheitliche Prüfung sei eine landeseinheitliche Beschulung, betont sie. Und davon könne in der Corona-Pandemie keine Rede sein.
„In jeder Stadt und jedem Landkreis wurden die Schüler unterschiedlich beschult“, stellt sie das Problem dar. Das fing schon im Kleinen an, als mit Beginn der Pandemie nicht jeder Schüler über ein Laptop oder Tablet verfügte. Die technischen Mittel seien in Wuppertal mit zeitlicher Verzögerung angeschafft worden, hält Bäumers der Politik zugute. Doch ein weiteres Problem sei die Netzinfrastruktur gewesen, die Server seien regelmäßig zusammengebrochen. Eine Prüfung, die vom Schreibtisch des nordrhein-westfälischen Bildungsministeriums erstellt wird, schadet eher als dass sie nützt. Von anderen Schulen, weiß sie, dass der vorgesehene Lernstoff noch nicht einmal zur Hälfte geschafft wurde. Schon auf der Friedrich-Bayer-Realschule zeige sich ein sehr divergentes Bild hinsichtlich Lernumfeld und Prüfungsvorbereitung.
Elternvertreterin hofft auf Unterstützung bei Petition
Bäumers will mit anderen Eltern für die rund 150 Schüler, die auf der Friedrich-Bayer-Realschule in die Abschlussklasse gehen, kämpfen. Die engagierte Elternvertreterin hofft, dass andere Bürger ermutigt werden, sich dem Protest anzuschließen und eine Online-Petition unterschreiben, die laut der Plattform von Schülerin Letizia Brill eingerichtet wurde. Die Schüler seien damit überfordert, wenn die Abschlussprüfungen in nahezu üblicher Form geschrieben würden, sagt sie. „Zum einen fehlt individuelle Förderung, die kaum bis gar nicht möglich ist, zum anderen dauert es deutlich länger, die Themen durchzubekommen. Wir fühlen uns unsicher und unvorbereitet“, so Brill.
Die Petition braucht 29 000 Unterzeichner, um das Quorum zu erreichen und ans Bildungsministerium in NRW übergeben zu werden.