Bilder erzählen Stadtgeschichte Die Sphinx als Symbol der Ewigkeit
Wuppertal · Auf dem Unterbarmer Friedhof sind außergewöhnliche Beispiele der Grabkultur zu finden. Streifzug durch die Geschichte.
Sowohl in Wuppertal als auch in Köln gibt es eine Millionenallee. Der Zuzug auf diese Allee ist allerdings mit einigen Unannehmlichkeiten verbunden, und auf den Stadtplänen beider Städte ist die Millionenallee weder verzeichnet noch führt das Navi dorthin. Das liegt daran, dass die Millionenallee in Köln auf dem Friedhof Melaten und in Wuppertal auf dem Unterbarmer Friedhof zu finden ist.
Im Eingangsbereich des 16 Hektar großen Geländes stehen eine Reihe sehenswerter Gräber und Grabstätten, die Zeugnis über den früheren Reichtum der Stadt und über die Vergänglichkeit alles irdischen Gutes ablegen. Die Millionenallee ist Ausgangspunkt vieler Stadtführungen, denn dort befindet sich das Grab von Friedrich Engels, des Barmer Textilfabrikanten und Vaters des Philosophen Friedrich junior, dem eine ähnlich imposante Grabstätte nicht vergönnt war. Der „berühmteste Sohn der Stadt Wuppertal“ wurde nach seinem Tod in London eingeäschert.
Blickfang für die Besucher ist allerdings das 2,80 Meter hohe Grabmal der Familie Riedel-Godschin mit einer liegenden Sphinx und einem trauernden Jüngling. Im 18. Jahrhundert symbolisierte die Sphinx die Ewigkeit und Unsterblichkeit, was ihren Standort auf einem deutschen Friedhof erklären könnte, wenn auch das Rätselhafte, das dieses Ensemble ausstrahlt, seine Wirkung bis heute nicht verfehlt.
Nach Auskunft des Evangelischen Friedhofsverbandes wäre der Bau derartiger Grabstätten heute nicht mehr möglich. „Es gibt keine Genehmigung mehr für Grabmale mit einer Höhe von mehr als 1,20 Meter“, erklärt ein Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung. Zumal ohnehin der Trend zum kleinen Urnengrab geht, was zu erheblichen Leerständen auch auf einem der größten Friedhöfe Wuppertals geführt hat. 16 000 Gräber sind belegt, 11 000 Grabstätten sind frei, wobei nicht davon auszugehen ist, dass die Flächen im oberen Bereich des Friedhofs noch einmal zum Einsatz kommen. Dort steigt das Gelände extrem steil in Richtung Skulpturenpark Waldfrieden an.
Im Mai 1822 wurde die Anlage eingeweiht und im Laufe der Jahrzehnte mehrfach erweitert, wobei das geometrische Wegenetz des unteren Bereichs nicht fortgeführt wurde. Die besonderen Grabstätten befinden sich vorwiegend im alten Teil des Friedhofsgeländes.
1841 errichtete die Barmer Fabrikantenfamilie Molineus eine gotische Fiale, die wie ein Finger gen Himmel ragt. Andere Grabstätten wie die der Bankiersfamilie Bary Jordans sind in der Breite angelegt. Und bei der Grabstätte der Familie Toelle handelt es sich um das einzig erhaltene Mausoleum auf Wuppertaler Friedhöfen. Auch hier setzen die Figuren aus der Mythologie überraschende Akzente. Am Eingang werden zwei Figuren der Nibelungensage dargestellt: Ein Krieger mit gezogenem Schwert und ein trauernder Barde mit seinem Instrument.
Wer die Namensschilder der Verstorbenen studiert, der wird auf bekannte und weniger bekannte Wuppertaler treffen. Dort sind der Erfinder und Flugzeugkonstrukteur Gottfried Espenlaub begraben, der Fabrikant Kurt Herberts, der Musiker Peter Kowald und der Klavierbauer Peter Adolph Rudolph Ibach.
Die Weitläufigkeit des Geländes erhöht die Kosten und bringt einen großen Arbeitsaufwand für die Friedhofsverwaltung mit sich. Etwa 300 Beisetzungen finden dort pro Jahr statt. Obwohl der Großteil des Geländes mittlerweile reine Parkflächen sind, ist eine Umnutzung kein Thema. Die Millionenallee und das denkmalgeschützte Eingangstor werden somit noch viele Generationen Wuppertaler überdauern.