„Nuklearer Winter“ droht NBA-Saison einzufrieren
New York (dpa) - Die Hoffnungen auf einen baldigen NBA-Start sind endgültig geplatzt. Wann Dirk Nowitzki und Co. endlich wieder aufs Parkett zurückkehren, liegt nun in den Händen von Anwälten und Gerichten.
Nachdem die Spielergewerkschaft NBPA das „nachgebesserte Angebot“ der Liga abgelehnt und sich danach selbst aufgelöst hatte, tritt der Arbeitskampf in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga nun in seine schmutzige Phase. NBA-Boss David Stern sagte in einer ersten Reaktion, die Liga stehe vor einem „nuklearen Winter“.
Ein Totalausfall der Spielzeit 2011/12 ist damit so „nah wie nie“, wie die „New York Times“ analysierte. Die NBA strich am Dienstag weitere Spiele. Wie „Yahoo Sports“ berichtete, sagte die Liga alle Partien bis zum 15. Dezember ab. Damit fallen dem Lockout insgesamt bereits 304 Begegnungen zum Opfer.
Auch Nowitzki muss sich nun intensiver denn je nach einem neuen Arbeitgeber umsehen. „Ich kann nicht ein Jahr lang rumsitzen und nichts tun“, hatte Nowitzki immer gesagt. Ein Engagement in Deutschland ist dennoch eher unwahrscheinlich, obwohl mit Bamberg, München und Berlin drei potenzielle Interessenten bereit stünden. „Doch dann müsste ich mich für einen Club entscheiden und die anderen beiden wären enttäuscht“, sagte der 33-Jährige.
Am Dienstag war aus dem Nowitzki-Lager noch nichts Neues zu hören. „Ich muss mir die Schreiben der Spielergewerkschaft erst einmal durchlesen“, sagte Nowitzkis Mentor Holger Geschwindner. Spaniens Superstar Pau Gasol hat seine Fühler in die Heimat dagegen bereits ausgestreckt. „Wenn sie die Saison absagen, wollen wir hier in Barcelona spielen“, sagte der Europameister der spanischen Sportzeitung „As“ zu den Plänen von ihm und seinem Bruder Marc. Von einer Komplettabsage der NBA-Saison würden die europäischen Ligen definitiv profitieren, meinte der Profi von den Los Angeles Lakers.
Die Fronten zwischen Profis und Liga sind nach der Absage der Spieler am 137. Tag des Lockouts verhärteter denn je. „Billy Hunter hat sich entschieden, die Saison in Gefahr zu bringen“, schimpfte Stern. NBPA-Geschäftsführer Hunter schob den Schwarzen Peter dagegen der Liga zu. „Wir bereiten uns momentan darauf vor, die NBA kartellrechtlich zu belangen. Nur so haben die Spieler eine Chance auf ein gerechtes Verfahren.“
Die Spielergewerkschaft wandelte sich nach ihrer Auflösung in eine Handelsgesellschaft um. Somit ist die NBPA nicht mehr Repräsentant der mehr als 430 Profis, die nun in Einzelklagen gegen den Lockout kartellrechtlich vorgehen können. Hunter kündigte bereits an, dass die Spieler bis Mittwoch eine Sammelklage vor einem Gericht einreichen werden.
Verantwortlich für die Profis sind nun die beiden Anwälte Jeffrey Kessler und David Boies. Beide waren schon in den Arbeitskampf der Football-Liga NFL in diesem Jahr verwickelt. Auch die Footballer hatten ihre Gewerkschaft aufgelöst und die NFL vor Gericht gezerrt. Am Ende einigten sich beide Seiten aber doch noch auf einen neuen Tarifvertrag, so dass die Saison starten konnte.
Die Profis hatten sich am Montag nach dreistündigen Beratungen in New York entschieden, das Angebot der Teambesitzer zur Teilung der Gesamteinnahmen von rund 4,3 Milliarden Dollar abzulehnen. NBPA-Präsident Derek Fisher hob hervor, dass die Abstimmung unter den Spieler-Repräsentanten der 30 Teams „einstimmig“ ausgefallen sei.
Stern kritisierte dagegen, die NBPA habe den Vorschlag den Profis nicht einmal zur Abstimmung vorgelegt. „Wenn ich Spieler wäre, würde ich mich sehr darüber wundern, was Billy Hunter hier gerade getan hat“, sagte Stern, der von einer „unverantwortlichen Aktion zu diesem späten Zeitpunkt“ sprach.
Der 69-Jährige hatte am Wochenende betont, dass es vonseiten der Teambesitzer nichts mehr zu verhandeln gebe. Hätten die Spieler das 50:50-Angebot angenommen, hätte die Saison am 15. Dezember mit einem 72 Partien umfassenden Vorrunden-Spielplan pro Team beginnen sollen. Doch die Spieler sind sauer und ließen den Deal platzen. „Der Vertrag hätte längst abgeschlossen sein können. Wir haben gegeben, gegeben und gegeben. Es ging so weit, dass sie zu viel gefordert und die Spieler sie zurückgestoßen haben“, betont Hunter.
Liga und Gewerkschaft streiten seit knapp zweieinhalb Jahren um ein neues Arbeitspapier. Die NBA gibt an, in der vergangenen Saison 300 Millionen Dollar Verluste gemacht zu haben. Sie wollte die Einnahmen der Spieler daher für die vorgesehene zehnjährige Vertragslaufzeit von den bisherigen 57 Prozent um mindestens sieben Prozent kürzen.
Alle Partien im November waren wegen des Streits bereits abgesagt worden. Einen Komplettausfall einer Saison hat es bisher in der NBA noch nicht gegeben. In der Spielzeit 1998/99 stritten beide Seiten schon einmal erbittert um einen neuen Kontrakt. Damals fand eine verkürzte Saison mit 50 Partien pro Team statt. Doch selbst davon sind beide Seiten dieses Mal weit entfernt. Das Ansehen der Liga sinkt bereits. In einer Umfrage gaben 76 Prozent der Befragten an, die NBA nicht zu vermissen.