Herr Lückhoff, reicht Ihnen diese kleine Wortänderung im Gesetz?
Interview „1000 Wölfe reichen für den Erhalt der Art in Deutschland“
Berlin · Schafzüchter-Präsident Jürgen Lückhoff begrüßt den Vorstoß von Umweltministerin Svenja Schulze, problematische Wölfe abzuschießen.
Mit einem kleinen Wort im Naturschutzgesetz will Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) das Abschießen einzelner, problematischer Wölfe erleichtern. Sie sollen bejagt werden dürfen, wenn sie „ernsten“ Schaden anrichten, nicht nur, wenn ein Schaden „erheblich“ ist, also existenzbedrohend. Das sein „ein Fortschritt“, sagt der Vorsitzender des Schafzüchterverbandes VDL, Jürgen Lückhoff.
Jürgen Lückhoff: Sie ist auf jeden Fall ein Fortschritt. Damit wird es möglich, auffällig gewordene Wölfe zu bejagen. Bisher hat sich da keiner rangetraut, weil das mit großen Auflagen und Gerichtsverfahren verbunden war.
Also alles paletti an der Wolfsfront?
Lückhoff: Nein. Wir brauchen eine Änderung der europäischen FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat). Wir verlangen, dass der Schutzstatus des Wolfes wieder abgesenkt wird. Keiner von uns will den Wolf wieder ausrotten. Aber bei einer Population von fast tausend Tieren in Deutschland ist aus unserer Sicht die Grenze erreicht. Wenn vor 20 Jahren einer diese Zahl genannt hätte, hätten doch beim NABU und anderen die Sektkorken geknallt. Jetzt müssen wir den Bestand wieder regulieren.
Unabhängig davon, ob der Wolf Schäden angerichtet hat?
Lückhoff: Ja, wenn der Erhaltungszustand der Population gewährleistet ist. Und das ist mit 1000 Tieren erreicht. So eine Änderung auf EU-Ebene dauert sehr lange. Da muss man heute anfangen.
Wie groß ist die Belastung der Schafzüchter in Deutschland durch den Wolf?
Lückhoff: Man kann da keine bestimmten Zahlen nennen. Die Risse sind in den einzelnen Regionen unterschiedlich stark. Klar ist, dass der Schutz-Aufwand für die Züchter sehr hoch ist. Und es eine hundertprozentige Sicherheit doch nicht gibt.
Die Grünen sagen, das eigentliche Problem der Züchter sei nicht der Wolf, sondert die Wirtschaftlichkeit; notwendig sei eine Weidetierprämie, um die Betriebe zu erhalten.
Lückhoff: Wir haben beide Probleme. Der Wolf ist für uns aber eine enorme Zusatzbelastung geworden. Wir bekommen zwar in den meisten Bundesländern Hilfen für die Anschaffung der Zäune und auch Schadensersatz nach Rissen. Die vielen zusätzlichen Arbeitsstunden für den Wolfsschutz zahlt uns aber keiner.
Wie machen Sie es selbst mit ihrer Herde?
Lückhoff: Ich habe nur eine sehr kleine Herde von 60 Jakobschafen in Mecklenburg. Ich habe einen festen Zaun auf dem oben noch ein Stromdraht ist. Ich messe regelmäßig, ob noch genug Spannung drauf ist. Bei mir ist noch nichts passiert. Aber ein paar Kilometer entfernt hat der Wolf schon zugeschlagen.
Ihr Verband nimmt an runden Tischen der Regierung teil. Haben Sie das Gefühl, dass man Ihre Sorgen ernst nimmt und sie gehört werden?
Lückhoff: Dass die Ministerin diesen Schritt jetzt gemacht hat, ist anerkennenswert. Gehört werden und erhört werden ist aber ein Unterschied.