39 Verletzte bei Chemieunfall in Brühl

Husten, Kopfweh, Kratzen im Hals: Unsichtbares Giftgas hat 39 Mitarbeiter einer Firma für Sicherheitstechnik in Brühl verletzt. Einige von ihnen schweben in Lebensgefahr; das Chlorgemisch kann zum Tod führen. Doch statt in Panik auszubrechen, bewahrten die Angestellten die Ruhe.

Brühl/Köln (dpa). Bei einem Chemieunfall in einer Brühler Firma für Sicherheitstechnik sind am Dienstag 39 Menschen verletzt worden, sieben davon schwer. Alles begann mit einem lauten Hupen - die Brandschutzanlage der Firma hatte Alarm geschlagen. Warum, war zunächst unklar. Erst der stechende Geruch und ein Kratzen in Rachen und Hals deutete an, dass in der Werkshalle ein unsichtbares Giftgas ausgetreten waren. „Es ist ein ätzender Stoff ausgetreten, der die Atemwege verletzten kann“, sagte Markus Brachschoss von der Feuerwehr Brühl. „Im schlimmsten Fall kann er zu Wasseransammlungen in der Lunge führen, die tödlich enden können.“ Einige der Schwerverletzten schwebten auch Stunden nach dem Vorfall noch in Lebensgefahr.

Als die ersten Einsatzwagen kurz nach dem morgendlichen Alarm das Gelände erreichten, hatten die knapp 300 Mitarbeiter das Gebäude bereits verlassen und warteten auf dem Sammelplatz. Dank wiederholter Brandschutzübungen waren sie auf den Ernstfall vorbereitet und durch den Alarm nicht in Panik geraten. „Die waren alle ganz ruhig“, berichtete Brachschoss. Einige husteten, viele klagten über Übelkeit. Sofort erhöhten die Rettungsleute die Alarmstufe des Einsatzes und forderten Verstärkung an. In einer langen Schlange warteten die Rettungswagen am Straßenrand. Notärzte versorgten die Verletzten mit 100-prozentigem Sauerstoff noch an Ort und Stelle und brachten 16 von ihnen in umliegende Krankenhäuser.

Mit speziellen Schutzanzügen und Sauerstoffgeräten betraten die Feuerwehrleute das Industriegebäude in Brühl-Ost. „Wir haben Schutzgeräte mit gepresster Atemluft, damit ist man von der Umluft unabhängig“, erklärte Brachschoss. Als sie die Zusammensetzung der Luft mit technischen Geräten gemessen hatten, war klar: Von der Chlorbleichlauge, mit der Mitarbeiter des Werks Schließzylinder reinigen und veredeln, hatten sich etwa 200 Liter aus zunächst ungeklärten Gründen mit Salzsäure gemischt. Das entstandene Chlorgas hatten die Angestellten in der Werkshalle eingeatmet.

Gegen Mittag hatten die rund 75 Einsatzkräfte die Situation weitgehend unter Kontrolle. „Es werden ständig Messungen durchgeführt, die die Konzentration in der Luft wiedergeben“, sagte Brachschoss. Weil die Feuerwehrleute im Umkreis keine giftigen Gase fanden, konnten Anwohner in ihren Häusern bleiben. „Einige haben ihre Arbeit in einigen Bereichen wieder aufgenommen“, sagte Brachschoss. „Wir bauen unsere Maßnahmen zurück.“ Es sei aber möglich, dass weitere Mitarbeiter noch Stunden oder sogar Tage später über Kopf- und Halsschmerzen oder Kratzen im Hals klagen würden.

Auch mehrere Stunden nach dem Alarm meldeten sich noch Angestellte bei den Notärzten. „Das ist ein dynamischer Vorgang, so dass die Beschwerden sich über das Fortschreiten der Zeit verschlimmern können“, erklärte Brachschoss. Schließlich verflog das Chlorgas - Feuerwehrleute lüfteten das Gebäude mit einem großen Ventilator.