ADAC: Eine Institution wackelt
Ausgerechnet beim Lieblingsauto der Deutschen hat der ADAC mit falschen Zahlen gearbeitet. Die Glaubwürdigkeit des Clubs ist angekratzt.
München. Das Wort des ADAC gilt viel. Seine Auto-Kritiken und Crashtests sind viel beachtet. Der Club testet Reifen, Kältemittel, Kindersitze und mehr. Bei der Untersuchung von Tunnels, Fähren und Autobahn-Raststätten deckt er zum Teil gravierende Mängel auf. Der Club sieht sich als Anwalt der Autofahrer und tritt dabei selbstbewusst auf. Kritik etwa am „Club der Raser“, der ein generelles Tempolimit auf den Autobahnen stets abgelehnt hat, ließ der gelbe Riese mit seinen 19 Millionen Mitgliedern stets an sich abperlen.
Nun hat das Image des objektiven Verbraucheranwalts einen gewaltigen Kratzer bekommen. Beim Autopreis „Gelber Engel“ musste der Autoclub ausgerechnet in der Kategorie Lieblingsauto der Deutschen, zu dem der VW Golf gewählt wurde, künstlich hochgeputschte Zahlen einräumen. Einen ersten Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ hatte die ADAC-Führung noch als „Unterstellungen und Unwahrheiten“ abgetan. Geschäftsführer Karl Obermair hatte noch gespottet: Immerhin seien die vier Buchstaben ADAC korrekt abgedruckt. Dieser Spott ist nun nach hinten losgegangen.
Ob der ADAC, der sich mit seiner neuen Zentrale in München für mehr als 300 Millionen Euro ein architektonisches Denkmal gesetzt hat, allein mit dem hastigen Rücktritt des Kommunikationschefs und „Motorwelt“-Chefredakteurs Michael Ramstetter schnell wieder in ruhiges Fahrwasser kommt? Wie glaubwürdig sind nun die anderen Tests? „Auch die Pannen- und Tunnelstatistik müsste man jetzt untersuchen“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen.
Wenn beim Gelben Engel gelogen worden sei, sagt Dudenhöffer, könne man das auch für die anderen Bereiche nicht ausschließen. Der Experte sieht grundsätzliche Mängel im System des ADAC, der mit seinen rund 8600 Mitarbeiten und kommerziellen Tochtergesellschaften ein Wirtschaftskonzern ist.
Europas größter Autobauer Volkswagen erwartet volle Aufklärung. Die Frage sei, was dieser Preis bei den Begleitumständen überhaupt noch wert sei. Der Sportwagenhersteller Porsche verteidigte den ADAC — die Untersuchungen des Automobilclubs seien grundsätzlich als objektiv einzuschätzen, sagte ein Sprecher. Ansonsten werde man der angekündigten „lückenlosen Aufklärung“ nicht vorgreifen.
In der ADAC-Pressestelle heißt es, Glaubwürdigkeit sei das höchste Gut, und dafür werde man alles tun. Deshalb soll auch die Preisvergabe der vergangenen Jahre unter die Lupe genommen werden. Nächstes Jahr soll ein Notar die Abstimmung beaufsichtigen.
Für Erstaunen sorgte, dass der ADAC nur mit einer schriftlichen Mitteilung die Manipulation einräumte und Ramstetters Abgang bekanntgab. Keine Pressekonferenz, kein ADAC-Präsident Peter Meyer, der sich Fragen stellen würde. Vielleicht kommt das noch — nach der „lückenlosen internen Prüfung“.