ADAC kündigt grundlegende Reformen an
München (dpa) - Eine manipulierte „Lieblingsauto“-Wahl, zweifelhafte Hubschrauberflüge des Präsidiums, immer neue Presseberichte - der ADAC ist in einer schweren Krise. Nun reagiert die Vereinsspitze.
„Wir glauben, dass wir nur durch eine grundlegende Reform die aktuellen Schwachstellen beheben können“, erklärte ADAC-Präsident Peter Meyer. Unabhängige externe Fachleute sollten die Neuausrichtung mitgestalten. Nach dem Skandal um Manipulationen bei der Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“ waren in den vergangenen Tagen immer weitere Ungereimtheiten beim ADAC bekanntgeworden.
Die Struktur des Autoclubs und seiner wirtschaftlichen Aktivitäten will Meyer nun überprüfen lassen. Die Mitglieder sollen mehr eingebunden werden. In einer außerordentlichen Hauptversammlung, der ersten seit 66 Jahren, soll die Neuausrichtung beschlossen werden. Das Präsidium sei „überzeugt, dass nur ein umfassendes Maßnahmenpaket die Glaubwürdigkeit des ADAC wieder herstellen“ könne.
Bundesverbraucherminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem „notwendigen ersten Schritt“ zur Rückgewinnung verlorenen Vertrauens. „Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass Produkttests und Umfragen nicht manipuliert werden“, sagte Maas am Mittwoch. Standards für Tests und Umfragen sollten offengelegt und zumindest ein Vier-Augen-Prinzip eingehalten werden. Darüber hinaus „werden wir auch mit dem ADAC reden“, sagte der Minister.
Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des „Stern“ haben 46 Prozent der Deutschen eher geringes (29) oder sehr geringes Vertrauen (17) in den ADAC. Dagegen äußerten 44 Prozent eher großes (33) oder sehr großes (11) Zutrauen.
Details zum Fall einer ehemaligen ADAC-Führungskraft, die einen Angehörigen in einem Rettungsjet des Clubs mitfliegen ließ, veröffentlichte die „Bild“-Zeitung am Mittwoch. Demnach ließ die Managerin ihren Sohn und einen Freund im August 2012 mit einer ADAC-Rettungsmaschine mit intensivmedizinischem Gerät an Bord mitfliegen, weil die beiden jungen Männer ihren Abflug zum Taucherurlaub nach Ägypten verpasst hatten. Demnach unterschrieb die Frau später einen Auflösungsvertrag. Der ADAC bestätigte den Bericht.
Außerdem wurde bekannt, dass in Braunschweig ein Hubschrauber des ADAC dazu genutzt wurde, einen unter Wasser stehenden Fußballplatz mit dem Wind seiner Rotorblätter trocken zu föhnen. Vor der Zweitliga-Partie zwischen Eintracht Braunschweig und Dynamo Dresden im Jahr 2006 habe der damalige ADAC-Vorsitzende in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Reinhard Manlik, den Hubschrauber angefordert, teilte der ADAC am Mittwoch in Laatzen bei Hannover mit. Er bestätigte damit mehrere Medienberichte.
Manlik sitzt für die CDU im Braunschweiger Stadtrat. Das für die Sicherstellung der Luftrettung zuständige Innenministerium habe den Flug damals gerügt, woraufhin der Einsatz von der Stadt Braunschweig bezahlt worden sei, sagte eine Ministeriumssprecherin.
Auch die Kritik an der Nutzung der Hubschrauberflotte des Vereins geht weiter. Der ADAC bestätigte einen „Stern“-Bericht, wonach auch die Vorsitzenden der Regionalclubs Rettungshubschrauber nutzten. Dies sei aber ausschließlich im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit bei Veranstaltungen geschehen, sagte eine Sprecherin. Bislang hatte der ADAC rund 30 Helikopterflüge von Präsidiumsmitgliedern in den vergangenen Jahren eingeräumt.
Die neu bekanntgeworden Flüge der ADAC-Regionalchefs sind laut ADAC nur bei Fachtagungen oder beispielsweise Tagen der offenen Tür von Rettungsstationen erfolgt. „Es gab keine Reisen von A nach B“, betonte ADAC-Sprecherin Katharina Lucà. Bei solchen Veranstaltungen zeige der ADAC auch seine Maschinen, die dann zu Demonstrationsflügen eingesetzt würden. „Wir nehmen auch Journalisten mit, um denen beispielsweise mal zu zeigen, wie laut es in einem Hubschrauber ist.“ Bei solchen Gelegenheiten stiegen dann auch einmal die Regionalvorsitzenden zu.
Der „Stern“-Umfrage zufolge überlegen 7 Prozent der Mitglieder, den Pannendienst zu verlassen. Hochgerechnet auf die rund 19 Millionen Mitglieder wären das etwa 1,3 Millionen. 60 Prozent aller Befragten würden befürworten, wenn sich der Verein künftig überwiegend auf den Pannendienst konzentrieren würde. Allerdings wollen rund zwei Drittel der Bürger auch, dass sich der Club weiterhin gelegentlich in die Politik einmischt.