Adeliger als Heiratsschwindler
Gericht: Zwei Jahre Bewährung - Angeheiratetes Mitglied des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha betrog jahrelang reiche Frauen.
Düsseldorf. Er war charmant, aufmerksam und hatte allerbeste Manieren. Nach einer kurzen Ehe darf er den Namen des Adelsgeschlechts Sachsen-Coburg und Gotha tragen. Sein Habitus war der eines gut betuchten Geschäftsmannes: Er fuhr alte englische Autos, residierte an der feinen Londoner Regent Street und lud Frauen zum Tee ins luxuriöse Steigenberger Parkhotel an der Kö. Kurzum: Scheinbar ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle. Doch der Mann, der sich mal als Neffe von Prinz Charles, CIA-Agent, Privatier oder Arzt ausgab, ist ein Betrüger und Heiratsschwindler wie er im Buche steht. Seine Opfer: Alleinstehende Damen um die 60, alle wohlhabend und zu vertrauensselig.
Mehrere Frauen wickelte das angeheiratete Blaublut in den vergangenen drei Jahren um den Finger, machte ihnen einen Heiratsantrag und nahm sie anschließend aus wie eine Weihnachtsgans. War das Geld erst einmal weg, ließ er die Frauen fallen wie eine heiße Kartoffel. Gesamtschaden: rund 350000Euro. Gestern wurde der 59-Jährige vom Düsseldorfer Amtsgericht wegen Betrugs und Untreue zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Vier Monate hat er in Untersuchungshaft gesessen.
Im edlen Pullover, der aussah wie aus einem englischen Polo-Club, betrat der grauhaarige Mann den Gerichtssaal. Er setzte sich mit dem Rücken zum Publikum, um den empörten Blicken der Frauen dort zu entgehen. Er hatte immer die gleiche Masche angewendet: Obwohl er offiziell noch verheiratet war, meldete er sich auf Annoncen alleinstehender Damen. Für sie war der Düsseldorfer die große Liebe. Doch bei ihm kühlte die Leidenschaft schnell wieder ab. Eine Frau verließ er, kurz nachdem sie ihre Rentenversicherung zu seinen Gunsten aufgelöst hatte. Das Wort "Betrug" vermied der Angeklagte in seiner Aussage. Stattdessen versuchte er immer wieder, sein Verhalten schön zu reden: "Es hat mit uns nicht funktioniert", sagte er. "Wie das eben manchmal so ist zwischen Mann und Frau." Auch dass er es nur auf das Geld der Damen abgesehen hatte, stritt er ab.
"Genauso trat er auf, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe", sagte eine 64-Jährige, die lieber anonym bleiben will. "Er wirkte wie ein Mann, den man im Alter sucht", erinnert sich die Witwe. In den ersten Reihen wollte sie sitzen, um dem Mann in die Augen zu schauen, der ihr so viel Kummer zugefügt habe.
Kennengelernt hatte sie den 59-Jährigen im Jahr 2006 über eine Kontaktanzeige. Schnell sei man sich näher gekommen, das Paar wollte sogar zusammenziehen. Sie wollten ein Haus in Mönchengladbach kaufen - doch der Traum vom schönen Leben im Alter sei geplatzt wie eine Seifenblase. "Der Kaufvertrag war schon unterschrieben", sagt die Frau bitter. Sie habe sich von seinem vornehmen Auftreten blenden lassen.
Über seine Aussage, dass er keinen Schulabschluss und keine Ausbildung habe, lachte sie höhnisch: "Mir hat er damals erzählt, er sei ausgebildeter Pilot." 150000 Euro habe sie durch ihn verloren. "Mir sind nur noch Schulden geblieben."
Finanziell ruiniert wird wohl auch der Verurteilte sein. Denn er betrog nicht nur die Frauen: Um anzugeben, hatte er bei Autohäusern einen Range Rover und einen Rolls Royce gekauft, die Autos aber nie bezahlt. Auch zwei Geschäftspartnern gaukelte er vor, mit ihnen an der Kö eine Firma eröffnen zu wollen. Sie erstellten Werbebroschüren und investierten ihre Arbeitszeit - die Firma blieb jedoch ein Luftschloss.
Geschichte Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha ist ein altes Adelsgeschlecht, das von 1826 bis 1918 ein Herzogtum auf dem Gebiet von Thüringen und Bayern regierte. Durch geschickte Heiratspolitik gelangten Mitglieder auf europäische Throne.
Beziehungen Verwandtschaftliche Beziehungen bestehen zur belgischen und zur englischen Königsfamilie. Die englische Linie nannte sich im ersten Weltkrieg in Haus Windsor um.