Liebe und Entschlossenheit Ältester Mensch der Welt mit 117 Jahren gestorben
Rom (dpa) - „Was ist das Geheimnis Ihres Alters?“ Diese Frage hat Emma Morano, spätestens seit sie als ältester Mensch der Welt galt, wohl so oft wie keine andere gestellt bekommen. Und Emma Morano hatte darauf stets eine Antwort: zwei rohe Eier am Tag und etwas selbstgebrannter Grappa.
Am Samstag starb die Italienerin im Alter von 117 Jahren in Pallanza am Lago Maggiore. Und ihr Arzt sagt: Es war auch die Liebe ihrer Familie, die sie so lange durchs Leben trug.
„Sich geliebt zu fühlen, ist das Rezept für ein langes Leben“, sagt Carlo Bava der Deutschen Presse-Agentur am Tag nach Moranos Tod. 30 Jahre lang war Morano seine Patientin - und er wünschte, es wären alle so wie sie. „Sie war immer dankbar, sie hat nie nachgelassen, nie, nie hat sie sich mit etwas abgefunden.“
Morano erblickte als erstes von später acht Geschwistern am 29. November 1899 im piemontesischen Örtchen Civiasco das Licht der Welt. Die Eltern Giovanni und Matilde stammten ursprünglich aus der Schweiz. Als Jugendliche zog sie mit der Familie ins Ossolatal, arbeitete später in einer Fabrik, die Jutesäcke herstellte. Weil der Staub bei der Arbeit ihren Lungen nicht gut tat, entschied sie, am Lago Maggiore zu leben.
In Pallanza lebte die zierliche Dame mit dem eisernen Willen bis zu ihrem Tod. Sie sei nie im Krankenhaus gewesen, sagt Bava. Studien haben ergeben, dass Moranos Gene ein so langes Leben möglich machten. „Ihr Organismus war quasi programmiert für eine solche Reichweite“, sagt Bava. „Aber die Genetik allein kann es nicht gewesen sein.“
Morano war bis zuletzt umgeben von ihrer Familie, eine Nichte und die Frau eines Neffen waren oft an ihrer Seite. Und sie sei fortgegangen, wie sie es sich gewünscht habe. „Ganz ruhig, sie ist einfach eingeschlafen. Irgendwann atmete sie nicht mehr“, sagt der Arzt, der sie mindestens einmal die Woche, später jeden Tag sah. „Ich bin froh, dass sie nicht leiden musste.“
In ihren letzten Tagen sei Morano nicht mehr die Alte gewesen. Das Sprechen sei ihr schwer gefallen, sie habe viel geschlafen, habe sich nur zum Essen aufgesetzt. „Es ist anders gewesen“, sagt Bava. Noch bis zu ihrem 117. Geburtstag im November habe sie es geliebt, Geschichten und Erlebnisse zu erzählen. „Sie war lustig, man konnte viel mit ihr albern.“
Und das, obwohl Signora Morano in ihrem Leben mehrere Schicksalsschläge erlebte. Als junge Frau verliebte sie sich in einen Gebirgsjäger, der im Ersten Weltkrieg an die Front gerufen wurde. „Er ist nicht mehr zurückgekommen, er ist gestorben“, erzählte sie später. „Da musste ich einen anderen heiraten.“ Das war 1926, der Ehemann war gewalttätig, schlug Morano. 1937 wurde sie Mutter, der kleine Angelo starb schon nach wenigen Monaten. Da nahm Morano all ihren Mut zusammen und verließ im Jahr 1938 ihren Mann - wohl als eine der ersten Frauen in Italien überhaupt. Scheidungen waren vom Gesetz nicht vorgesehen und Trennungen waren selten.
Danach hat sich Morano nie wieder binden wollen, obwohl es an Anwärtern nicht gefehlt habe. „Ich wollte von niemandem mehr herumkommandiert werden“, sagte sie einmal der „New York Times“. Auch Kinder bekam sie keine mehr.
Seit Mai 2016 war sie als ältester Mensch der Welt im Guinness-Buch der Rekorde eingetragen. Mit Morano stirbt der wohl letzte Mensch, der im 19. Jahrhundert geboren war. Die Italienerin lebte in drei Jahrhunderten, erlebte zwei Weltkriege und überdauerte elf Päpste. Abgelöst wird sie als ältester Mensch der Welt laut der Gerontology Research Group (GRG) nun von Violet Brown aus Jamaika. Sie ist am 10. März 1900 geboren. Die GRG ist eine US-Einrichtung, die extrem alte Menschen auflistet und auch das Guinness-Buch berät.