Ärzte-Kritik: „Die Quote geht am Ziel vorbei“
NRW will Medizin-Studenten verpflichten, Landarzt zu werden — und stößt auf Widerspruch.
Düsseldorf. An der geplanten Landarztquote für Medizinstudenten in Nordrhein-Westfalen gibt es erhebliche Kritik aus der Ärzteschaft. „Die Quote geht am Ziel vorbei“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in NRW, Thomas Fischbach. Am wichtigsten sei es, die Gesamtzahl der Medizin-Studienplätze um etwa 30 Prozent aufzustocken, da es nicht nur auf dem Land, sondern in allen Versorgungsbereichen Nachwuchsprobleme gebe. Ansonsten bleibe die Quote ein Nullsummenspiel.
Die schwarz-gelbe Landesregierung will, dass NRW zum Wintersemester 2019/20 als erstes Bundesland eine Landarztquote einführt — zunächst für knapp acht Prozent aller Studienplätze in Humanmedizin. Wer sich vertraglich verpflichtet, zehn Jahre als Hausarzt in einer unterversorgten Region zu arbeiten, soll sich auf einen der ersten 168 Landarzt-Studienplätze bewerben können — unabhängig vom bislang üblichen hohen Numerus clausus (NC). Auch in Bayern ist eine Landarztquote geplant, Niedersachsen will zunächst abwarten.
Der Solinger Kinderarzt Fischbach sieht die Pläne als unzulässigen Eingriff in die Wahl eines freien Berufes. „Ich habe ein grundsätzliches Problem damit, jungen Menschen eine Unterschrift abzuringen, mit der sie sich verpflichten, in ferner Zukunft in einer bestimmten Region zu leben“, bemängelte er. „Man unterschreibt fast alles, wenn man unbedingt einen Studienplatz haben will.“ Zielführender wäre es aus seiner Sicht, wenn die Politik endlich Daten erhebe, warum so viele Medizinstudenten gar nicht in der Versorgung ankämen, sondern abwanderten. Solche Studienverlaufsstatistiken erheben nach Angaben des NRW-Wissenschaftsministerium bislang weder die Regierungen noch die Hochschulen.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) wies die Kritik zurück. „Wir wollen niemanden zwingen, aufs Land zu gehen. Wir wollen ganz gezielt diejenigen Studienbewerber erreichen, die für das Medizinstudium geeignet sind und aus freien Stücken in unterversorgten Gebieten praktizieren wollen.“ Im jetzigen Auswahlverfahren hätten viele das Nachsehen gehabt.
Selbstverständlich bleibe der Arztberuf ein freier Beruf, versicherte Laumann. Allerdings gebe es Grenzen. „Es ist niemandem — auch nicht den Ärzten — geholfen, wenn alle Hausärzte an einem Fleck praktizieren, während der Rest des Landes leer ausgeht.“ Die Bürger erwarteten zu Recht einen gleichwertigen Zugang zur Ärzteschaft und damit zur medizinischen Versorgung.
Fischbach überzeugt das nicht: „Sollen Ärzte ausharren in Regionen, wo sogar schon die Polizei, die Supermärkte und der Pfarrer weg sind und demnächst kaum noch Menschen leben?“, fragt er. Besser wären intelligente Versorgungswege — etwa durch Gesundheitsbusse. lnw