Air-France-Maschine ist zerbrochen, nicht explodiert
Sao Paolo/Paris. Die vor zwei Wochen im Atlantik verunglückte Air-France-Maschine ist nach Einschätzung brasilianischer Experten in großer Höhe auseinandergebrochen und ins Meer gestürzt, jedoch nicht explodiert.
Die Obduktion von 16 Leichen habe ergeben, dass die Passagiere keine Verbrennungen, aber zahlreiche Knochenbrüche erlitten hätten, schrieb die Zeitung "O Estado de São Paulo". Zudem sei kein Wasser in den Lungen gefunden worden, was dafür spreche, dass die Opfer nicht ertranken.
Auch dass die Toten zum Teil 85 Kilometer voneinander entfernt gefunden wurden, spreche dafür, dass das Flugzeug mit 228 Menschen an Bord nicht als Ganzes ins Wasser stürzte.
Die brasilianischen Bergungsteams korrigierten die Zahl der geborgenen Opfer am Sonntag nach unten. Es seien bislang 43 und nicht 44 tote Passagiere aus dem Wasser geholt worden, hieß es in einer Pressemitteilung der Einsatzzentrale in Recife.
Die Richtigstellung sei nach einer Voruntersuchung der Opfer durch Experten der Polizei erfolgt. Auf einem französischen Schiff sollen sich weitere sechs Leichname befinden, die aber bislang noch nicht von der brasilianischen Marine bestätigt wurden.
In Recife wurden am Sonntag weitere Wrackteile erwartet, darunter ein mehrere Meter großes, möglicherweise vom Heck des Airbus stammendes Teil.
Am Freitag waren erste Wrackteile angekommen. Sie wiesen auf den ersten Blick keine Brandspuren auf, was ebenfalls gegen eine Explosion als Absturz-Ursache sprechen würde.
Der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS - Mutter des Flugzeug- Herstellers Airbus - sucht indes weiter nach den Gründen des Unglücks. "Ich hoffe wirklich, wir klären die Ursache des Absturzes", sagte EADS-Chef Louis Gallois am Samstag in Paris.
"Wir haben bisher noch keine Vorstellung, welche Umstände zusammengekommen sind, um zu einem solchen tragischen Unfall zu führen." Zunächst müsse vor allem der Flugschreiber gefunden werden. Spekulationen über die Ursachen seien mit Rücksicht auf die Familien und Freunde der Opfer fehl am Platz.
Mangelndes Mitgefühl werfen Hinterbliebene der Opfer Air France vor. "Die Fluggesellschaft hat sich nur wenig um uns gekümmert", sagte Christophe Guillot-Noël, der eine Hinterbliebenen-Vereinigung gegründet hat, der französischen Zeitung "Le Parisien".
Die Airline habe ihnen lediglich die Nummer eines Psychologen gegeben, der sie nie zurückgerufen habe, sagte der 39-Jährige, der durch das Unglück seinen Bruder verloren hat. Der Airbus A 330 war am Pfingstmontag auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris abgestürzt.
In Düsseldorf nahmen am Samstag hunderte Angehörige, Politiker und Geistliche bei einer ökumenischen Trauerfeier Abschied von den deutschen Opfern des Flugs AF 447. Unter den Gästen der Zeremonie, bei der unter anderem die Namen der 28 deutschen Opfer verlesen wurden, war auch Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD).
Im Namen der Bundesregierung sprach er seine "tiefe Anteilnahme" aus. "Wir kommen, Schulter an Schulter mit Ihnen zu stehen, und versuchen, Trost zu spenden."
Nach Einschätzung eines Professors für Luftverkehrsrecht können die Angehörigen nicht mit Entschädigungen in Millionenhöhe rechnen. "Was einige Anwälte in den Medien versprechen, ist unrealistisch", sagte Ronald Schmid, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht, der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Der britische Anwalt James Healy-Pratt hatte erklärt, er wolle "im Schnitt eine Million Euro pro Opfer rausholen". Schmid sagte, bei diesem Absturz sei der Gerichtstand für deutsche Angehörige entweder in Frankreich oder in Deutschland. In Deutschland sei die Zahlung von Schmerzensgeld in solchen Fällen nicht üblich. Die Airline sei lediglich verpflichtet, Angehörigen Schadenersatz zu zahlen, der sich danach berechne, was der Verunglückte im Leben noch verdient hätte und wie viele Menschen er finanziell unterstützen musste.
Nach Informationen der Zeitung "Le Parisien" sollen die ersten Vorauszahlungen für Entschädigungen bereits an Hinterbliebene gegangen sein. "Aber das bedeutet nicht, dass die Höhe der restlichen Zahlungen festgelegt ist", sagte ein Air-France-Sprecher dem Blatt. Die Zeitung "Le Monde" hatte geschrieben, dass mehrere große Versicherer bis zu 330 Millionen Euro auszahlen könnten.
Die weiterhin fast hoffnungslose Suche nach den Flugschreibern des Airbus fachte indes die Experten-Debatte um modernere Datenschreiber neu an. Einige Experten plädieren seit dem Unglück dafür, künftig für eine ständige Übertragung der Flugschreiber-Daten via Satellit zu sorgen. Beim Internationalen Luft- und Raumfahrt-Salon in Le Bourget bei Paris hieß es, viele Piloten seien dagegen, weil sie nicht wollten, dass alle ihre Gespräche und Geräusche gespeichert werden.
Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat inzwischen die umstrittenen Geschwindigkeitsmesser an seinem neuen Airbus- Präsidentenmaschine austauschen lassen. Wie die französische Tageszeitung "Le Parisien" berichtete, wurden vor wenigen Tagen die drei sogenannten Pitot-Sonden ersetzt. Die Geschwindigkeitsmesser hatten bei dem abgestürzten Air-France-Airbus A330 unterschiedliche Werte angezeigt, was möglicherweise Ursache des fatalen Ablaufs beim Absturz der Maschine war.