Al Jarreau: „Ich höre es heute noch: Zu-ga-be“
Jazz: Al Jarreau erlebte seinen Durchbruch in Deutschland. Im März wurde er 70Jahre alt – im Juli kommt er nach Köln.
Herr Jarreau, in Los Angeles ist es jetzt viertel vor drei morgens: Sind Sie ein Nachtmensch?
Al Jarreau: Oh ja, absolut. Es ist fabelhaft, wenn man das mit seinem Beruf verbinden kann. Ich bin hellwach.
Jarreau: Ich werde einen Cocktail trinken, meine Liebe. Und dann ein bisschen Koffer packen. Ins Bett gehe ich, sobald meine Frau das beschließt. Ich habe gelernt, dass man ein smarter Kerl ist, wenn man auf seine Frau hört. Dafür hatte ich viel Zeit, ich bin 35Jahre verheiratet. So schnell komme ich nicht ins Bett, meine Frau ist ein noch schlimmerer Nachtmensch.
Jarreau: Sicherlich. Und je länger man zurückblickt und je länger das Leben dauert, desto dankbarer muss man sein. Danke Gott, dass ich noch hier sein darf. Auch sonst habe ich keinen Grund, mich zu beklagen: Ich habe immer noch meine Frau an meiner Seite, mein Sohn ist gesund, nicht im Knast und nimmt keine Drogen. Und ich kann immer noch die Arbeit machen, die ich liebe.
Jarreau: Unbedingt. Meine Mutter war Organistin in der Kirche, und mein Vater hat wie ein irischer Tenor gesungen. Mein älterer Bruder war in einem Vokal-Quartett, und er und seine Freunde haben immer in meinem Zimmer geübt. Es war die Zeit der Big Bands, Perry Como hat gesungen "How much ist that doggie in the window?" (singt das Stück an), und direkt nebenan gab es eine Polka-Kneipe. Deshalb kann ich bis heute Polka singen. Ich habe dieses bunt gemischte musikalische Umfeld geliebt.
Jarreau: Oh ja. Als Junge war ich ein Knaben-Sopran. Jetzt bin ich nicht Mal mehr ein Tenor. Man muss sich andere Sachen suchen, um die neue Stimme einzusetzen.
Jarreau: Ich bin immer noch dabei. Ich habe mit vier angefangen zu singen, aber meine Stimme hat so zwischen 26 und 28 begonnen, sich zu formen und zu kristallisieren. Damals liebte ich die Songs von Joni Mitchell, Bob Dylan und Ray Charles.
Jarreau: Wenn dein Haar sich lichtet, bei mir war das im Alter von 55 der Fall, dann ist das eher eine Frage der Notwendigkeit als des Mögens. Ich wünschte, ich würde die Courage von James Taylor besitzen.
Jarreau: Das war das sagenhafteste, wundervollste, inspirierendste Ding in meinem Leben. Es verblüfft mich immer noch. Nach all den Jahren. Sie haben mich in Deutschland wie einen Sohn behandelt, mich angefeuert ohne Ende. Ich höre das heute noch (wechselt ins Deutsche) "Zu-ga-be, Zu-ga-be". Das war der Beginn meiner internationalen Karriere. Was heute in Amerika passiert, ist sehr seltsam. Es ist eine Hip-Hop-Welt. Mit R’n’B kann man noch ein bisschen was werden, aber: ,Jazz is going, Byebye!"
Jarreau: Nein. Ich versuche, glücklich zu bleiben und eine Verbindung zu schaffen zwischen dem Kerl, der mit Jazz angefangen hat und dem, der jetzt 70 Jahre alt ist. Und gerne weiter machen will. Frank Sinatra hat das auch geschafft.