Amerikaner wollen Gas geben

Mehrere Bundesstaaten in den USA erhöhen ihre bislang niedrigen Tempolimits. Das weckt die Sorge vor mehr Unfalltoten.

Austin. Ein Freund des langsamen Fahrens war Rick Perry noch nie. Schon vor 13 Jahren sorgte der texanische Gouverneur für Gelächter, als er beim Rasen erwischt wurde. Statt erlaubter 55 Meilen (etwa 88,5 Kilometer in der Stunde) war der Wagen mit 75 Meilen über den Highway gebrettert. Peinlich: Das Video, das die Bordkamera des Streifenwagens gefilmt hatte, landete im Internet.

Heute muss Perry so etwas wie verspätete Genugtuung empfinden. Als Oberhaupt des flächengrößten amerikanischen Bundesstaates unterzeichnete er im vorigen Jahr ein Gesetz, das Texas zum Vorreiter in Sachen Höchstgeschwindigkeit macht. Auf einem neuen Highway, der südlich der Hauptstadt Austin verläuft, gilt nun ein „Speed Limit“ von 85 Meilen (137 Stundenkilometer) — das höchste in den USA.

Was deutschen Autobahn-Nutzern nur ein müdes Lächeln abringen dürfte, kommt in den USA einer verkehrstechnischen Revolution gleich. Nur zwei Bundesstaaten erlauben Speed Limits jenseits der 75-Meilen-Grenze, auf vielen Highways sind 60 Meilen das höchste der Gefühle. Doch Gesetze sind nicht in Stein gemeißelt.

So führt der US-Bundesstaat Utah zurzeit mehrere 80-Meilen-Zonen auf den vielbefahrenen Highways ein. „Das ist nicht ganz so schnell wie in Texas, wird aber das Reisen wesentlich erleichtern“, sagt Jim Dunnigan. Als Abgeordneter in Utah setzt Dunnigan das Thema seit Jahren immer wieder auf die Tagesordnung.

Am liebsten wäre ihm eine Regelung ganz ohne Limit, so wie in Deutschland. „Eine amerikanische Autobahn? Die Idee gefällt mir“, sagt der Republikaner, während er immer wieder auf die enormen Entfernungen in den USA hinweist: „Allein schon um Utah von Norden nach Süden zu durchqueren, braucht man einen ganzen Tag. Da ist es doch eine Qual, mit 60 Meilen über die Straße zu schleichen.“

Mit dieser Meinung ist der Politiker nicht allein. Für Jim Dunnigan, der sich selbst als Sympathisant der radikalen Tea Party bezeichnet, liegt die Sache auf der Hand: „Mit staatlicher Kontrolle können wir nicht viel anfangen.“

Mehr Raser, mehr Unfälle, mehr Verkehrstote: Das sind dagegen die Befürchtungen, die den amerikanischen Automobilclub AAA umtreiben. „Wir hoffen, dass unsere Politiker und Polizisten die entsprechenden Straßenabschnitte genau im Auge behalten“, sagt Doug Shupe vom AAA. „Hoffentlich sehen wir keine Verkehrsteilnehmer, die mit wirklich exzessiven Geschwindigkeiten jenseits der 85 Meilen unterwegs sind.“ Ob das wirklich so ist, lässt sich momentan schwer sagen.

Weil die Highway-Abschnitte erst seit einigen Monaten freigegeben sind, existieren noch keine aussagekräftigen Daten. Die Governors Highway Safety Association, ein gemeinnütziger Verein, der die Bundesstaaten in Verkehrsfragen berät, schlägt trotzdem Alarm: „Das texanische Verkehrsministerium hat ein alarmierendes Wettrüsten in Gang gesetzt“, sagt ein Sprecher.