Amerikas gefährlichste Straße: Der Dalton Highway in Alaska
Am Yukon (dpa) - Er ein paar Hundert Meilen lang und die haben es in sich: Der Dalton Highway gilt als gefährlichste Straße der USA. Die Schnellstrecke, die nur selten von Asphalt, aber oft von Eis bedeckt ist, ist inzwischen ein weltweiter Fernsehstar.
Es gibt so ziemlich nichts, vor dem am Dalton Highway nicht gewarnt wird: Steinschlag, Schlaglöcher, Wildwechsel, plötzliche Winde, Eis, gefährliche Tiere, enge Kurven und mehr. Was sich so selbstsicher Highway nennt, ist eine in weiten Teilen unbefestigte Straße, abseits aller menschlicher Behausungen und fast nur von verwegenen Truckern befahren: Der Dalton Highway im Norden Alaskas ist eine der gefährlichsten Straßen der Welt - und dadurch auch schon eine Legende.
Drei Viertel der 666 Kilometer, die Zahl könnte schon stutzig machen, liegen jenseits des Polarkreises. Der Highway wurde in den 1970er Jahren als Wartungstrasse für die gewaltige Trans-Alaska-Pipeline gebaut und nach einem Ingenieur benannt. Auf dem Weg gibt es nur zwei Orte: Coldfoot, auch dieser Name „Kaltfuß“ ist kein Zufall, hat 10, Wiseman 14 Einwohner. Nicht 14 000, einfach 14. Danach kommt fast 400 Kilometer lang gar nichts bis Deadhorse am Polarmeer.
Der weitaus größte Teil der Schnellstraße, die sich stolz Highway nennt, ist weder asphaltiert noch irgendwie anders befestigt. Der nördliche Teil ist häufig von Eis bedeckt, der südliche ein paar Wochen im Jahr mit Schlamm, Dreck, Geröll und unter den Reifen wegspritzendem Schotter. Kein Wunder, dass die Straße inzwischen ein Fernsehstar ist: In der Reality-TV-Serie „Amerikas härteste Jobs“ wurde sie ebenso porträtiert wie in den „World's Most Dangerous Roads“ der britischen BBC, und in der in den USA sehr beliebten Serie „Ice Road Truckers“ war der Dalton Highway schon viermal.
„Die Straße ist so gefährlich, weil sie nur für Berufskraftfahrer gemacht ist, die die Strecke ständig fahren“, sagt Kamau Leigh. Er ist ein State Trooper, ein Staatspolizist von Alaska, und damit auch für die Autobahnen zuständig. „Touristen, die zu uns kommen, sind Straßen aus Asphalt gewohnt. Aber auf dem Dalton liegt kaum Asphalt, sondern nur Lehm - und so ziemlich alle anderen Elemente der Natur. Hier zu fahren, ist ein Abenteuer. Aber eines, das böse ausgehen kann.“ Wer die Straße unbedingt fahren wolle, solle es tun. „Aber seid vorbereitet. Und dazu zählen gleich mehrere Ersatzräder.“
Dustin Reyna fährt die Strecke schon seit langem und er stuft sie als „ziemlich gefährlich“ ein. „Man sieht immer wieder Autowracks liegen. Der Süden ist gefährlicher als der Norden. Der Norden ist halbwegs eben. Der Süden ist steil und kurvig. Wenn dann noch Regen oder Eis dazukommen, ist es die Hölle.“ Warum macht er es dann trotzdem? „Ganz einfach: Gutes Geld und viel Spaß.“
Reynas Zementlaster ist im Funkjargon der Fahrer ein „18-Wheeler“, ein 18-Rädriger. Wenn ein „4-Wheeler“, also ein normales Auto, vor ihm auftaucht, nimmt er Rücksicht - vom Gas geht er nicht. Mit fast 70 Meilen, 110 Kilometern, in der Stunde brettert er die Sandpiste entlang, die keine Leitplanke und keinen Standstreifen kennt.
Eine halbe Stunde hinter ihm ist Wayne Shaw. Er hat mit seinem 36 Tonnen schweren Laster „eine Menge Respekt“ vor dem Dalton: „Die Straße ändert sich täglich durch Wetter und Unfälle. Wer sagt, er kenne den Dalton, spinnt. Er kennt ihn von letztem Jahr oder letztem Monat oder von gestern. Heute kann es schon wieder ganz anders sein.“
Die Fahrer bekommen gutes Geld für den nervenzehrenden, gefährlichen Job. Warum wagen sich aber immer wieder Touristen zum Beispiel mit dem Motorrad auf den Dalton? „Weil er da ist“, sagt Tom Snyder. Gerade ist er die 414 Meilen mit seiner BMW runtergefahren, im Beiwagen „Chief“, sein Hund. „Es ist eine faszinierende Strecke. Zum einen ist die Natur atemberaubend. Aber die Straße ist natürlich auch eine Herausforderung. Eigentlich ist es eine Miststrecke, auf der es selbst im Juni schneien kann“, sagt er. „Aber sie ist faszinierend.“
Snyder gehört zu der Schar Motorradfahrer, die schon einmal vom äußersten Südosten der USA in Florida zum äußersten Nordwesten, dem Dalton Highway, gefahren sind. Die nur imaginäre Trophäe trägt den Titel „Iron Butt“ - Eiserner Hintern.
Wer es endlich geschafft hat, kann sich am Ziel nicht einmal auf ein Bier freuen. Deadhorse mit seinen etwa 20 Einwohnern - nicht gezählt Hunderte Ölarbeiter - ist ein „trockener“ Ort, ohne Alkohol. Unter Dalton-Rittern gibt es deshalb den Spruch „All that far and still no bar“, frei übersetzt: Endlich hier und dann kein Bier.