Analyse: Rechtschreibreform - Erschöpfte Ruhe nach jahrelangem Streit

Zehn Jahre Rechtschreibreform – das wohl unsinnigste politische Projekt feiert Geburtstag.

Düsseldorf. Der Rat für deutsche Rechtschreibung arbeitet noch - nur nimmt davon kaum jemand Notiz. Denn die Zeiten des erbitterten Streits um die Rechtschreibreform scheinen vorbei zu sein. Vor zehn Jahren, am 1.August 1998, wurde das Regelwerk an Deutschlands Schulen eingeführt - begleitet von heftigen Kontroversen und großem Unmut.

Schlichtend wirkte erst die Arbeit des Rechtschreibrates, dessen Empfehlungen vor zwei Jahren zur erneuten Reform der Reform führten. Heute herrscht an den Schulen eine erschöpfte Ruhe. Zwar ist kaum jemand wirklich glücklich mit der Reform, aber eine erneute Auseinandersetzung wünscht sich auch niemand.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung wurde als Konsequenz aus der anhaltenden Kritik eingerichtet. Die Expertenrunde um ihren Vorsitzenden Hans Zehetmair erarbeitete Nachbesserungen, die schließlich am 1. August 2006 an den Schulen eingeführt wurden. Zwei Jahre später ist der Rechtschreibrat zwar nicht abgeschafft, erfüllt seine Aufgaben aber ohne großes öffentliches Interesse. Dabei sollen Schreibweisen nun keineswegs ewig in Stein gemeißelt bleiben. "Änderungen sind möglich", sagte Zehetmair.

An den Schulen wird das nicht mehr für große Aufregung sorgen. "Das Thema ist vollständig durch, da kräht kein Hahn mehr nach", sagt die Schulexpertin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marianne Demmer. Auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, meint, dass sich die Aufregung gelegt habe.

Das liegt aber nicht an der Überzeugungskraft der Reform, sondern vor allem an der Wirkung des jahrelangen Konflikts. An den Schulen ist man des Streits einfach müde. Eine positive Bilanz zieht nach zehn Jahren Rechtschreibreform niemand. Auch Zehetmair blickt kritisch zurück: Man könne schon "die Frage stellen, ob die Reform überhaupt hätte gemacht werden sollen. Das ist aber Schnee von gestern."

Die Lehrer aber sind vor allem über das jahrelange Wirrwarr und die damit verbundene Lähmung verärgert. In dieser Zeit wären an den Schulen wichtigere Dinge zu tun gewesen, so Kraus. In keinem Industrieland werde der Muttersprache im Unterricht so wenig Gewicht beigemessen wie in Deutschland. Die Debatte darum wird weitergehen.

Ein erneuter Streit um die Rechtschreibung ist dagegen nicht in Sicht. Niemand werde den Mut aufbringen, diese Reform noch einmal anzupacken, sagt Kraus. Wer es dennoch wagt, wird nach Ansicht Demmers nur auf "ungläubiges Staunen" stoßen. Das Thema habe sich "wahrscheinlich für eine ganze Generation erledigt."