Für die Rolle zurück in die Schule
Dienstagabend ist Julia Stemberger als Lehrerin in „Die Stein“ zu sehen. Zuvor verrät sie das Trauma ihrer Kindheit und wie sie sich auf die Serie vorbereitet hat.
Hamburg. Die Klasse hatte eine Schülerin mehr. Züchtig saß sie in der letzten Reihe, ein wenig reif schon für die Oberprima, aber niemand dürfte so aufmerksam hingehört haben wie sie. Denn Schauspielerin Julia Stemberger trieb gerade Vor-Ort-Studien für ihre allererste Serienrolle überhaupt, im ARD-Dienstagsprojekt "Die Stein", das heute startet.
Dort also ist die geborene Wienerin eine Lehrerin. Zäh, selbstbewusst, aber auch sehr verletzlich. Und sie stellte bei ihren Lokalstudien schnell fest: "Eine gute Schulstunde muss wie eine gute Theateraufführung sein, der Lehrer wie der Schauspieler sein Publikum im Griff haben. Sonst fängt das Gähnen an..."
Die 43-Jährige ist noch immer das schmale Persönchen mit dem leicht schräg gestellten Nixenblick und übersensiblen Wangenknochen, so kennt man sie aus zahllosen Rollen, oft etwas verrucht wie in "Der König von St. Pauli", zumindest nicht ganz harmlos. Aber da protestiert sie. "Ich war auch mal die Brave." Nun aber öffnet sie sich vollends dem reiferen Fach. "Wenn das Publikum mir das abnimmt, ist es okay."
Ihre eigenen Erinnerungen an Kindheit und Schulzeit sind überwiegend positiv. "Ich war kein Kotzbrocken, aber auch keine Musterschülerin. Manchmal hat man sich bei Lehrern Schwachstellen herausgesucht und lustvoll hinein gepiekt, wie junge Leute eben sind", sagt sie lachend. Geschwärmt hat sie zuweilen auch für den einen oder anderen Lehrer, aber ohne heimliche Liebesbriefchen: "In diesem Punkt habe ich mich doch mehr an die eigenen Jahrgänge gehalten."
Niemand sei so liebevoll erzogen worden, dass er nicht irgendein Kindheitstrauma in sich trage, meint Stemberger. "Mein eigenes Trauma ist sicher die Scheidung meiner Eltern, als ich sechs Jahre alt war. Obwohl ich einsah, dass es richtig für sie war, getrennte Wege zu gehen."
Auch sie hat eine Trennung hinter sich, vom Geiger Christian Altenburger. Aus dieser Verbindung stammt die inzwischen achtjährige Tochter Fanny, und in einem waren sich die Eltern einig: "Das Wohl des Kindes steht über allem." Einen Rosenkrieg gab es also nicht.
Schwieriger ist es für die oft reisende Schauspielerin, immer für ihr Töchterchen da zu sein. "Man muss sich eben bemühen, zuhause besonders intensiv da zu sein", sagt Stemberger. Und das sei sicher besser, "als zuhause herumzuhocken und mit den Gedanken sonstwo zu sein". Auf ihren Beruf, in all seiner Vielseitigkeit, mag sie auf jeden Fall nicht verzichten.
Für die neue Serie besitzt sie eine Option für eine zweite Staffel. Zudem spielt sie weiterhin in Musicals und Operetten wie "Kiss me, Kate" und "Der Mikado". Und sie hält besonders gern Lesungen: "Einfach nur mit einem Text vor den Leuten zu stehen." Bei Isabel Allende las sie den Satz: "Kochende Männer sind sexy."
Sie weiß so recht nicht, ob das stimmt, aber: "Kochen ist etwas Sinnliches, das schon." Sie selbst kocht gern, am liebsten frei nach Eingebung und Phantasie. Und wenn mal etwas misslingt, ist das keine Tragödie: "Dann geht es eben in die nächste Pizzeria."