Angeklagte ohne Namen
Braunkohlegegner sind des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt.
Kerpen. Wer sind diese jungen Leute? Das Amtsgericht Kerpen wusste nichts über die Braunkohlegegner, die da gestern zum Prozessauftakt im Saal saßen. Name, Alter, Nationalität, Anschrift. Alles nicht bekannt. Im Januar sollen sie mit Blockaden gegen weitere Rodungen in dem uralten Waldgebiet am Tagebau Hambach protestiert haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. Alle vier wurden mit Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Genannt wurden sie UP (Unbekannte Person) — eins, zwei, drei und elf.
Vor Prozessbeginn feixten die zwei sehr jungen angeklagten Frauen, versteckt hinter Aktendeckel und Jacke, kindlich herum. Ein vom Gericht beauftragtes Gutachten kam zu dem Schluss, dass die beiden wohl keine 21 Jahre sein dürften. Ihre Verfahren wurden an die Jugendkammer abgegeben.
Anonymität, das hat System bei Widerständlern und Aktivisten im rheinischen Braunkohlerevier. Es ist nicht bekannt, dass jemand mal bei Aktionen einen Ausweis dabei hatte, kaum einer nennt der Polizei seine Personalien.
Von rund 1700 Braunkohlegegnern, die im August und November bei Protestaktionen in die Tagebaue eingedrungen waren, gaben keine zehn ihre Personalien preis. Da Hausfriedensbruch eine niederschwellige Straftat ist, hat die Polizei in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Fotos gemacht und die Leute wieder laufen lassen.
Bei den Vieren, die jetzt in Kerpen vor Gericht stehen, liegt die Sache anders: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine gravierendere Straftat — zumal, wenn ein Messer im Spiel ist, das einer aus der Gruppe in der Tasche gehabt haben soll. Dieser junge Mann — UP zwei — bleibt im Gegensatz zu den anderen drei Angeklagten weiter in Haft. Die Unterstützer johlten ihm zu, als er aus dem Gerichtssaal gebracht wurde. Die Haftbefehle der drei anderen jungen Leute hob das Gericht auf. Der Prozess wird am 29. März fortgesetzt.