Annie Leibowitz: Ein Genie steht vor der Pleite
Porträt: Annie Leibovitz ist die Fotografin der Megastars. Nun muss sie den Verlust ihrer Werke fürchten, die sie als Sicherheit für einen Millionen-Kredit einsetzte.
NewYork/Düsseldorf. Michael Jackson, Bruce Willis, Scarlett Johansson, Bill Clinton, Queen EilzabethII. - die Liste der Großen dieser Welt, die sich von Annie Leibovitz fotografieren ließen, ist lang. Berühmt wurde die Fotografin vor allem für ihre ungewöhnlichen Inszenierungen: Demi Moore lichtete sie hochschwanger und nackt ab, Yoko Ono und den unbekleideten John Lennon eng umschlungen - Stunden, bevor der Sänger ermordet wurde.
Dass die im Beruf als genial geltende Fotografin offenbar keinen Erfolg im Umgang mit Geld hatte, wurde vor einigen Monaten bekannt: Sie war gezwungen, einen Kredit über 24 Millionen Dollar aufzunehmen. Nun ist die Frist zur Rückzahlung verstrichen. Als Sicherheit für das Darlehen hatte Leibovitz ihrem Gläubiger, der Firma Art Capital, ihre vier Häuser in New York und die Rechte an ihrem einmaligen Fotoarchiv geboten. Art Capital würde vieles davon wahrscheinlich verkaufen, um den Kredit zu tilgen. Doch vorerst gibt es einen Aufschub. Wie die "New York Daily News" berichtet, verhandeln beide Seiten trotz der verstrichenen Frist weiter, um zu einer anderen Lösung zu kommen.
Für Außenstehende war es von Anfang an schwer zu begreifen, wie Leibovitz so in die Bredouille geraten konnte. Es gibt wohl keinen Fotografen weltweit, der so gut verdient wie sie: Bis zu drei Millionen Dollar jährlich soll die 59-Jährige Schätzungen zufolge von ihrem Hauptarbeitgeber "Vanity Fair" bekommen. Hinzu kommen Aufträge für Werbekampagnen oder andere Verlage, bei denen ihr Tagessatz im hohen fünfstelligen Bereich liegt.
Ihr nahestehende Personen sollen aber schon länger geahnt haben, dass sie finanziell einmal Probleme bekommen könnte. Dabei pflegt sie offenbar keinen verschwenderischen Lebensstil, soll aber zeitweilig den Überblick über ihre Ausgaben verlieren. Graydon Carter, Chefredakteur der "Vanity Fair", formulierte es gegenüber der "New York Times" so: Der Kopf, der so wunderbare Bilder produziere, sei nicht zwangsläufig auch ein Kopf, der gut mit Geld umgehen könne.
Wofür genau sie nun den enormen Kredit aufnehmen musste, ist nicht klar. Die Renovierung ihrer New Yorker Stadthäuser soll teurer geworden sein als kalkuliert, hinzu kam eine millionenschwere Klage von Nachbarn, deren Haus während Renovierungen bei ihr absackte. Zudem wird spekuliert, dass andere schon vorher existierende Kredite fällig wurden.
Seit Ende Juli läuft auch eine Klage von Art Capital gegen Leibovitz. Ihr wird vorgeworfen, Gutachtern Zugang zu ihren Häusern und ihrem Fotoarchiv verwehrt zu haben, so dass der Wert der Sicherheiten nicht geschätzt werden könne. Insgesamt dürfte der die Summe des Kredits aber weit übersteigen. Fachleute sprechen von rund 80 Millionen Dollar.