Archäologen präsentieren spektakulären Schatzfund
Mainz (dpa) - Der rheinland-pfälzische Chefarchäologe Axel von Berg strahlt. Vor ihm liegen goldene Verzierungen eines herrschaftlichen Gewands, sehr fein gearbeitet, Silbergeschirr sowie Reste eines vergoldeten und versilberten Klappstuhls.
Ein Traum jedes Archäologen.
Könnte damit sogar der sagenumwobene, aber wohl viel größere Nibelungenschatz gefunden worden sein? Von Berg lacht bei dieser Frage. Die zeitliche und räumliche Zuordnung passe in die Epoche der Nibelungensage. „Wir können es nicht sagen“, konstatiert der Experte schmunzelnd.
Entdeckt hat den Schatz ein Freizeit-Archäologe nahe dem südpfälzischen Rülzheim, wohl mit Hilfe einer Metallsonde bei einer illegalen Schatzsuche im Wald. Nur unter Druck hat er ihn herausgerückt - die Staatsanwaltschaft ermittelt. Experten sprechen von einem in seiner Pracht und Art bundesweit einmaligen Fund aus der Spätantike im Wert von mehr als einer Million Euro. „Der Eigentümer hat gut gelebt“, sagt von Berg.
Laut dem Experten könnte ein Teil des Schatzes schon illegal verkauft und damit in dunklen Kanälen verschwunden sein. Deshalb freut er sich, wenn die Ermittler „hart durchgreifen“. Die Hobbykonkurrenz - Tausende Metallsondengänger gibt es in Deutschland - sind ihm ein Graus. Wertvolles Kulturgut verschwinde, und die Fundorte würden oft zerstört, wie auch im aktuellen Fall im Süden von Rheinland-Pfalz.
Rückblende: Vor eineinhalb Jahrtausenden ziehen plündernde Germanen durch das dem Untergang geweihte spätrömische Reich. Sie rauben Römer aus und bestehlen sich gegenseitig. Der Leiter der Außenstelle Speyer der Landesarchäologie, Ulrich Himmelmann, sagt: „Das war wie heute ein instabiler afrikanischer Staat.“
Damals, im 5. Jahrhundert nach Christi, vergräbt ein Spitzenbeamter oder Fürst hastig auf der Flucht seine Wertgegenstände - oder marodierende Germanen verstecken hektisch ihr Raubgut im Waldboden. Später fehlt wohl die Gelegenheit, den „Barbarenschatz“ wieder zu heben. Die Römer nannten andere Völker Barbaren, daher stammt die Bezeichnung. Einige Fundstücke verweisen in ihrem Stil auch auf Osteuropa: Möglicherweise sind sie mit der Völkerwanderung in die heutige Südpfalz gelangt.
Auch die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen (SPD) schimpft über sogenannte Raubgräber. Archäologische Funde seien „ein Teil unserer Geschichte“. Doch der reich verzierte Klappstuhl ist nach seiner rund 1500-jährigen Ruhe im Wald plötzlich „brutal aus dem Boden gerissen und auch zerstört worden“, sagt von Berg. Danach, sagt Himmelmann, habe der Schatzsucher mit Blättern und Zweigen versucht, die Spuren seiner Tat zu verwischen.
Laut Ahnen soll der „Barbarenschatz“ bald in einer Sonderausstellung zu sehen sein - zusammen mit erst vor einer Woche präsentierten Funden aus einem Depot von Raubgräbern in Bingerbrück am Rhein. Dort fand sich in Baugruben Keramik von der Römer- bis in die Neuzeit.