Pianistin Valentina Lisitsa: Der Erfolg kam mit Rachmaninow
Valentina Lisitsa ist Pianistin und Youtube-Phänomen. Ihre Videos wurden bisher mehr als 60 Millionen mal angeklickt.
Regensburg/München. Valentina Lisitsa? Bis vor kurzem war die ukrainische Pianistin mit Wohnsitz in den USA hierzulande so gut wie unbekannt. Doch ihre Karriere kommt langsam richtig auf Touren. Gerade spielte die Künstlerin mit dem langen, blonden Haar noch in Paris, danach ging es mit dem Flieger direkt nach München. Ein Konzert an der Universität Regensburg steht an. Auf den Plakaten im Audimax wird Lisitsa als „Erster Youtube-Star der klassischen Musik“ angekündigt.
Ihre Geschichte klingt wie ein modernes Märchen — ein Märchen in den Zeiten des Internets. Die Handlung: Begabte Pianistin versauert in der amerikanischen Provinz, verliert aber nicht den Glauben an sich, sondern ergreift die Initiative und schafft den Durchbruch.
2007 stellt sie ein eigenes Video ins Netz, die berühmte Etüde 39 Nr. 6 von Sergej Rachmaninow. Die Aufnahme in dürftiger VHS-Qualität kommt an bei der Youtube-Gemeinde. Die Klickzahlen steigen — neue Videos, die sie beim Üben und Konzertieren zeigen, folgen.
Mit der „ersten Youtube-Pianistin“ erfindet Lisitsa eine Marke. „Man muss sich eine gute Story zulegen“, sagt sie. „Das mag wie ein Gimmick klingen, aber es hat bei mir funktioniert.“ 2012 gelingt ihr dann der Durchbruch: Sie spielt vor 8000 Zuhörern in der berühmten Londoner Royal Albert Hall.
Am Vorabend ließ sie das Publikum online über das Programm des Abends abstimmen — ein Novum bei Klassikkonzerten. Der Live-Mitschnitt des Londoner Konzerts wird auf CD und DVD veröffentlicht. Mittlerweile verzeichnet ihr Youtube-Auftritt mehr als 60 Millionen Klicks und 120 000 Abonnenten.
Für Michael Schöne, Marketingleiter der Konzertagentur „MünchenMusik“, ist Lisitsa ein interessantes Phänomen. Im Netz sei sie sogar bekannter als Superstars wie Lang Lang oder Anna Netrebko. „Valentina Lisitsa hat sehr früh einige der populärsten Werke der Klavierliteratur ins Netz gestellt und dadurch über Suchmaschinen schnell hohe Klickzahlen erreicht.“ Allerdings lasse sich ihr Bekanntheitsgrad im Netz bislang noch nicht in Ticketverkäufe ummünzen. Die Agentur hat für März ein Konzert mit ihr im Programm, Schöne ist aber skeptisch. „Vielleicht handelt es sich bei ihren Netzfans und unseren Kunden doch um verschiedene Zielgruppen.“
In Sachen Marketing reitet Lisitsa aber souverän auf der populären Welle. Ihr Londoner Konzert wurde sogar mit dem Slogan „Known as the Justin Bieber of classical music“ beworben. Über ihre pianistischen Fähigkeiten gehen die Meinungen hingegen auseinander. Kritiker bescheinigen Lisitsa zwar eine außergewöhnliche Technik, bemängeln jedoch einen Mangel an Persönlichkeit in ihren Interpretationen.