Artenschutzprojekt in Kambodscha: Aufpäppeln zum Auswildern
Der Rückgang der Tierwelt in Südostasien hat viele Gründe. Der Allwetterzoo Münster tut etwas dagegen — in Kambodscha.
Siem Reap. Der Ährenträgerpfau plustert sich auf wie zur Brautschau. Er stellt seinen Federfächer in voller Pracht zur Schau. Nur liegt er mit seinem Gehabe daneben: Er balzt im Naturschutzzentrum des Münsteraner Allwetterzoos in Kambodscha zwei männliche Störche an. Und diese beiden Herren bauen wiederum gemeinsam Nester. Ungewöhnliches Verhalten bei Wildtieren — das passiert, wenn der Mensch die Tierwelt stört.
Das Angkor Zentrum für Naturschutz und Biodiversität (ACCB) rund eine Stunde nördlich der berühmten Tempel bei Siem Reap ist für viele aus der Natur gerissene Tiere ein Refugium geworden: Languren, Greifvögel, Wildkatzen, ein Schuppentier, ein fetter Waran und ein Plumplori, die einzige giftige Primatenart der Welt. Oft bringt die Polizei die Tiere, konfiszierte Beute von Wildschmugglern oder solche, die als Haustiere missbraucht wurden.
Das Zentrum will die Ankömmlinge so schnell wie möglich wieder loswerden. Kern des Projekts seien Erhalt der Biodiversität in der Region, die Zucht hochgradig bedrohter Tierarten und Information der Bevölkerung, sagt der Hauptsponsor, der Münchner Unternehmensberater Stephan Goetz. Nicht alle können zurück in die Wildnis.
„Für viele Leute ist ein Wildtier zu Hause ein Statussymbol“, sagt der Primatologe Daniel Roper-Jones. „Wenn es groß und aggressiv wird, wissen sie nicht, wohin damit.“ Auch Makaken oder etwa Languren, die abgerichtet wurden, um Touristen mit Mätzchen zu belustigen, schaffen es in ihrer natürlichen Umgebung nicht mehr. „Sie würden nicht wegrennen, wenn sie Wilderer sehen.“
Das Zentrum züchtet bedrohte Tiere, etwa Ährenträgerpfauen, die in der Region mal heimisch waren, aber in freier Wildbahn ausgestorben sind, und Sunda-Marabus. Bei ihnen schlüpfte gerade der Nachwuchs. Languren sind ebenso im Zuchtprogramm wie Gelbkopf- und andere Schildkröten.
Besucher sind im Zentrum immer willkommen. Sie bekommen das Schuppentier und den Plumplori aber nicht zu Gesicht, beide sind nachtaktiv. Für das Schuppentier müssen sie jeden Tag Termiten- und Ameisenkolonien heranschaffen. Der Plumpori ist zwar etwas pflegeleichter, hat aber eine Giftdrüse. Mit Speichel zusammen entfaltet sich die Wirkung. Wilderer reißen ihnen deshalb mit der Zange meist die Zähne heraus.