Arzt ertränkt Ehefrau in Badewanne - sechseinhalb Jahre Haft
Mehr als ein Jahr lang lebte ein Witwer im Münsterland mit einem dunklen Geheimnis. Er hatte seine psychisch kranke Frau getötet. Fast alle glaubten an einen Unfall. Bis eine Nachbarin ins Grübeln kam.
Münster (dpa). Ein Arzt aus dem Münsterland hat seine manisch-depressive Frau in der Badewanne ertränkt und ihren Tod mehr als ein Jahr lang als Unfall getarnt. Das Landgericht Münster verurteilte den 54-Jährigen am Freitag wegen Totschlags zu sechseinhalb Jahre Haft. Er hatte zugegeben, den Kopf seiner Ehefrau im Mai 2010 minutenlang unter Wasser gedrückt zu haben. Auf die Spur war ihm die Polizei erst im Herbst vergangenen Jahres dank einer misstrauisch gewordenen Nachbarin gekommen.
„Die Frau hat einen qualvollen Erstickungstod erlitten“, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung. „Das war eine tragische Geschichte.“ Nicht nur das Opfer, auch der Täter habe psychische Probleme gehabt. Das berücksichtigte das Gericht bei seinem Urteil.
Der Arzt hatte die Tat im gemeinsamen Haus in Ahaus zunächst erfolgreich als Unfall getarnt. Die Nachbarn holte er mit gespielter Aufregung zu Hilfe: Seine Frau liege reglos im Wasser. Ein Notarzt konnte zu dem Zeitpunkt nichts mehr ausrichten. Die Polizei ging darauf von einem Unglück im Badezimmer aus. Auch in der Todesanzeige war von einem „tragischen Unfall“ die Rede.
Im Herbst 2011 kam eine Nachbarin zufällig mit einem Polizisten ins Gespräch. Sie hatte Ungereimtheiten beim Auftritt des Arztes bemerkt. Ihr war aufgefallen, „dass seine Kleidung, dafür, dass er Hilfe geleistet haben will, bemerkenswert trocken war“, erklärte der Richter. Der Mann wurde festgenommen. Dennoch: „Ohne das Geständnis wäre eine Verurteilung nicht möglich gewesen“, sagte der Vorsitzende.
Der Angeklagte sei bei der Tat offensichtlich sehr verzweifelt gewesen, sagte der Richter. Er habe sich wegen der psychischen Krankheit seiner Frau in einer „subjektiv ausweglosen Situation“ gesehen. Denn trotz einer schweren bipolaren Störung habe die Ehefrau, selbst Ärztin, um keinen Preis in die Psychiatrie gewollt. „Sie hat ihm das Versprechen abgenommen, sie nie wieder einzuweisen.“
Das kinderlose Paar war schon seit dem Medizinstudium Ende der 70er Jahre zusammen. Sie war eine erfolgreiche Gynäkologin, er Strahlenmediziner in einer Klinik. Materiell stimmte zunächst alles: Gutes Einkommen, zwei teure Autos vor dem eigenen Haus, eine volle Praxis. Dennoch schwelten Konflikte. Der Arzt hatte sich nach eigenen Worten immer wieder herabgesetzt gefühlt. Dafür rächte er sich auf seine Weise: „Er sah nur mit der Verweigerung des Kinderwunsches einen Weg, dem entgegenzutreten“, schilderte der Vorsitzende. „Die Eheleute konnten nicht ohne einander, aber auch nicht miteinander.“
Schließlich wurde die Frau psychisch krank. „Sie blieb Tage und Nächte im Bett“, sagte der Richter. Der Mediziner gab seine Stellung auf, um für seine Frau da zu sein. Ihre Praxis musste verkauft werden. Das Haus verwahrloste, die Schulden wuchsen. Die Ehefrau habe zwischen tiefer Depression und Euphorie geschwankt, Wahnvorstellungen bekommen. Als die Frau nach einem schweren Anfall in der Badewanne offenbar eingeschlafen sei, sei der Angeklagte dem Impuls gefolgt, „die für ihn unerträgliche Situation zu einem Ende zu bringen“.
Nach eigenen Worten hatte der Mann danach einen Selbstmord geplant. Der Mann wurde jedoch von einem Besuch eines Gerichtsvollziehers überrascht. „Er hat sich schnellstens überlegt, dass er eine Unfallsituation vortäuscht“, sagte der Richter.