Asche aus Urnen: Letzte Ruhe im Bodensee
Nur auf der Schweizer Seite darf die Asche aus Urnen auf dem Wasser verstreut werden.
Konstanz. Für viele Menschen ist die folgende Szene durchaus eine schöne Vorstellung: Ein kleines Boot sticht vom Ufer aus in den Bodensee, nur ein paar Menschen sind darauf versammelt.
Einer trägt eine Urne, die er mitten auf dem See öffnet. Die Asche fliegt im Wind davon, wirbelt durch die Luft und legt sich auf die Wasseroberfläche. „Seebestattungen lösen ein Gefühl von Freiheit und Grenzenlosigkeit aus“, sagt der Schweizer Bestatter Beat Rölli.
Der Geschäftsführer des Instituts „Die letzte Ruhe“ im Schweizer Kanton Solothurn bietet diese Form der Beisetzung auch für Kunden aus Deutschland an, denn auf deutscher Seite des Bodensees sind Seebestattungen verboten.
„Aus unserer Sicht ist auch nicht geplant, daran etwas zu ändern“, sagt ein Sprecher des Sozialministeriums in Stuttgart. Um dieses Verbot zu umgehen, wenden sich immer wieder deutsche Kunden an Schweizer Bestatter.
Fünf bis sechs Anfragen hat Rölli pro Jahr für den Bodensee. In der Schweiz besteht kein Bestattungszwang. Das heißt, die Urne darf nach der Verbrennung zur freien Verfügung übergeben werden.
Und die Angehörigen können nach Schweizer Bestattungsrecht mit der Asche machen, was sie wollen: sie auf Bergwiesen, in Bächen, auf Gletschern, in der Luft verstreuen und eben auch am Bodensee.
Für Deutsche biete die Schweiz Möglichkeiten der selbstbestimmten Bestattung an, sagt Rölli, der sich selbst für eine Baumbestattung entschieden hat. „Ich bin nicht mehr in der Kirche, gleichzeitig liebe ich es, draußen zu sein“, begründet er seine Wahl. „Und ich sage selbst, wo ich bestattet werden will, nicht die Gemeinde oder die Kirche.“
Für viele seiner Kunden spiele auch die Kostenfrage eine Rolle: Für 250 Euro gibt es mit dem Verstreuen der Asche auf einer Wiese die günstigste Bestattung. Wer mit einem Helikopter auf einen Gletscher gebracht werden möchte, muss bis zu 3000 Euro zahlen.
Eine Bestattung bei einem traditionellen deutschen Unternehmen kostet laut Bundesverband Deutscher Bestatter zwischen 2800 bis 3500 Euro. Hinzu kommen Kosten für Grabsteine und Friedhofsgebühren in Höhe von rund 4000 Euro.
Doch der Gedanke der Bestattungen im See findet auf deutscher Seite nicht nur Freunde: Als vor einigen Jahren ein Landtagsabgeordneter der FDP versuchte, die Gesetze zu lockern, lehnte die CDU das einstimmig ab. Ihr Argument: Der Bodensee dürfe kein „Totensee“ werden.
Die Landesinnung Bestattungsgewerbe Baden-Württemberg sieht die Bestattung im Bodensee ebenfalls skeptisch: „Wir wissen, dass es für Privatleute in der Schweiz möglich ist, als Firmen wollen wir diese Beisetzung aber nicht fördern“, sagt Frank Roser, der zum Vorstand der Innung gehört. „Es gibt keinen Grund, das zu befürworten. Wir haben die Ost- und Nordsee dafür.“
Auch die Bodensee-Wasserversorgung (BWV) lehnt Bestattungen im Bodensee ab. „Egal in welcher Form“, sagt BWV-Sprecherin Maria Quignon. „Der Bodensee ist ein Trinkwasserspeicher, das lässt sich nicht vereinbaren.“
Nach Angaben des Bundesamts für Umwelt in Bern enthält die Asche Verstorbener hauptsächlich Kohlenstoff, Kalzium und Phosphat. „Die ökologischen Folgen der Ausbringung der Asche eines einzelnen Verstorbenen in ein Gewässer dürften damit vernachlässigbar sein“, heißt es bei der Behörde.
„Das ist absolut hygienisch“, sagt auch Bestatterin Rahel Merks aus Lauchheim (Ostalbkreis). Ihr Unternehmen leitet Anfragen von Kunden an einen Schweizer Partner weiter. Die gebürtige Thurgauerin kann den Wunsch nach einer Seebestattung nachvollziehen: „Auch im süddeutschen Raum haben Menschen einen Bezug zum Wasser. Da muss man sich die Frage stellen, welche Möglichkeiten wir anbieten können.“