Auch günstig ist gut — Shampoos brauchen keinen Designer
Berlin (dpa/tmn) — Kaputtes Haar wird repariert, trockenes glänzt wieder: Viele Shampoos versprechen wahre Wunderwirkungen. Die Hersteller rechtfertigen damit zum Teil Preise von zehn Euro und mehr pro Flasche.
Dabei gibt es auch gute Shampoos für weniger als einen Euro.
Wer im Drogeriemarkt vor dem Regal mit Shampoo steht, hat die Qual der Wahl. Mittel für trockenes oder fettiges Haar gibt es schon lange, ebenso spezielle Produkte für Babys. Und seit einigen Jahren können auch Männer zu eigens für sie entwickelten Shampoos greifen. Dazu erweckt es bisweilen den Eindruck, dass ein Universitätsabschluss in Chemie bei der Auswahl des richtigen Produkts hilfreich wäre: Chemische Abkürzungen, Proteinkomplexe und komplexe Reparaturformeln versprechen Besserung bei Spliss oder dünnen Haaren.
„Das Angebot erschlägt einen“, sagt aber selbst ein Chemiker. Konrad Giersdorf arbeitet bei der Stiftung Warentest in Berlin. „Es ist mittlerweile so verwirrend, als würde ich eine Kamera kaufen.“ Wer es genau wissen will, kommt ihm zufolge um einen Blick auf die Inhaltsstoffe nicht herum. Laut dem Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) enthalten Shampoos 10 bis 20, in Einzelfällen bis zu 30 Inhaltsstoffe.
Den Reinigungseffekt bringen vor allem die Tenside. „Das sind waschaktive Substanzen, die auch den Schaum produzieren“, erläutert die stellvertretende IKW-Geschäftsführerin Birgit Huber. Ein weiterer wichtiger Bestandteil seien Pflegestoffe wie Panthenol oder Proteine sowie Pflanzenextrakte. Dazu kämen unter anderem Verdickungsmittel und Duftstoffe.
Neben Wasser besteht ein Shampoo also in erster Linie aus Stoffen, die das Haar waschen, und aus solchen, die ihm Feuchtigkeit wieder zuführen. Giersdorf nennt einige Beispiel für Fachbegriffe, die sich auf den Flaschen finden: „Sodium Laureth Sulfat ist ein Tensid, das ist für die Waschkraft verantwortlich. Ebenso Betaine, die Haut und Schleimhaut besonders gut vertragen.“
Erstes Auswahlkriterium sollte der persönliche Haartyp sein, sagt Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. An den groben Kategorien — Shampoo für trockenes oder strapaziertes Haar, für normales, fettiges oder schuppiges Haar — können sich Verbraucher beim Kauf orientieren. Je nachdem seien mehr oder weniger pflegende Substanzen enthalten. Außerdem seien Kindershampoos für Kinder wirklich besser geeignet, da sie besonders milde Tenside — also Seifen - enthalten.
Vor allem Anti-Schuppen-Shampoos helfen. „Sie bekämpfen die Hefepilze, die für die Hautschuppung verantwortlich sind“, erläutert der Chemiker Giersdorf. Auch den Nutzen von Shampoos für mehr Volumen habe ein Test von Stiftung Warentest belegt. „Darin sind Substanzen — Polymere — enthalten, die den Volumen-Effekt verstärken.“
Ein hoher Preis sei dagegen kein Garant dafür, den Haaren etwas besonders Gutes zu tun. „Sie sollten eher darauf achten: Wie fühlt sich mein Haar nach dem Waschen an?“, rät Holzäpfel Verbrauchern. Anders gesagt: „Ein günstiges Shampoo kann besser zu meinem Haar passen als ein teures.“ Auch Giersdorf sagt: „Vom Preis hängt es nicht ab, ob ich ein gutes Shampoo bekomme.“ Entscheidend seien vor allem zwei Dinge: Reinigt das Shampoo gut, und pflegt es Haare und Kopfhaut? „Unsere Tests haben ergeben, dass ich beim Discounter für weniger als einen Euro ein sehr gut reinigendes und sehr gut pflegendes Shampoo bekomme.“
Meist werde für höhere Preise pro Flasche der Forschungsaufwand geltend gemacht, der nötig sei, um besondere Wirkungen zu erzielen. „Oder sie bezahlen den Namen eines prominenten Friseurs oder Designers“, sagt Giersdorf. Versprechen, dass ein Shampoo Haarbruch repariere, sind ihm zufolge nicht zutreffend. „Ist ein Haar kaputt, tritt Spliss auf, kann ich es nicht mehr reparieren.“ Möglich sei allenfalls, Unterschiede in der Struktur oberflächlich auszugleichen. Und auch sogenannte Schutzfilme seien „nur Schminke“, sagt Giersdorf. Sie helfen aber nicht von innen. Er rät daher: „Wer keine gesundheitlichen Probleme hat, kann auch beruhigt ein günstiges Shampoo wählen.“
Statt zu teuren Shampoos rät Giersdorf allen, die Probleme mit strapaziertem, splissigem oder brüchigem Haar haben, das Waschen und Pflegen zu trennen. „Ich würde ein gutes, günstiges Shampoo nehmen und dann lieber ab und zu eine Kur“, sagt der Experte. Denn wie teuer ein Shampoo auch sei, es enthalte schlichtweg nicht die Dichte an Pflegestoffen einer Kur. Denn ein Shampoo soll vor allem reinigen.
Außerdem rät Giersdorf, statt Geld lieber Zeit in den sorgfältigen Umgang mit Haaren und Kopfhaut zu investieren. Zum Beispiel sollten die Haare nach dem Waschen so lange wie möglich an der Luft trocknen und langsam, bei möglichst niedriger Temperatur gefönt werden. Außerdem warnt er wegen der großen Hitze vor dem häufigen Einsatz von Glätteisen oder einer regelmäßigen Dauerwelle. Hier sagt er: „Hände weg.“