Autowäsche-Kalender 2011: Mann, ganz ungeschminkt
Zwei Wuppertalerinnen machen Pirelli und Co. Konkurrenz. In ihrem Auto-Kalender für realistische Frauen wird nichts beschönigt.
Düsseldorf. Was ist typisch für eine Fotostrecke in einem Auto-Magazin? "Dürftig bekleidete Damen, die sich auf hochglanzpolierten Motorhauben räkeln - so viel ist sicher", sagt Janet Schürmeyer.
Die Wuppertalerin ist Oldtimer-Fan. Ihr Kalender "Autowäsche 2011", den sie - wie schon den Vorgänger - mit Fotografin Magdalena Schaarwächter entworfen hat, wirbelt die Motoren-Männer-Welt derzeit gehörig durcheinander. Zu sehen ist etwa ein gestandener Kerl in Waldmännlein-Outfit mit Kettensäge vor einem braunen Audi. Oder auch der Traum aller Schwiegermütter - Coverboy Felix, blass und schmächtig, in Pastell-Unterwäsche und Kniestrümpfen vor einem mintfarbenen alten Fiat.
"Wir wollten ein bisschen provozieren und haben ein Gegenstück zu den üblichen Produkten wie Pirelli und Co. entworfen. Einen Autokalender für realistische Frauen: schrill, ungeschminkt, ehrlich, schonungslos." Nichts ist beschönigt, Bäuche bleiben Bäuche, Schrammen Schrammen. "Kaschiert wird nicht", erklärt Fotografin Schaarwächter.
Der Erfolg gibt den beiden Frauen recht. Vielleicht ist es an der Zeit, mit ein paar Klischees aufzuräumen.
Begonnen hat alles mit einer Diplomarbeit. "Herkömmliche Hochglanz-Produkte haben klar den Mann im Fokus und sind verbraucherorientiert", erklärt Kommunikationsdesignerin Janet Schürmeyer. Die Magazine seien oft überfrachtet.
"Ich liebe Autos, da lag es nahe, ein Schrauber-Magazin für Frauen zu erfinden." Heraus kam der Prototyp für die Zeitschrift "Rostrosa", in der es "nicht um Schminke geht, sondern um alles, was das Thema Auto hergibt: Tipps zur Pflege oder Reportagen, was ich mit meinem Wagen erlebe" - ästhetisch aufbereitet.
Der Kalender ist eine konsequente Fortsetzung. Einige Motive hatten die beiden Frauen bereits für Schürmeyers Abschlussarbeit produziert: Männer in Feinripp-Unterwäsche und Adiletten vor alten Schätzchen. Bei der Diplomausstellung waren vor allem diese Fotos Anziehungspunkte. "Alle steuerten auf die Bilder zu, lachten und waren begeistert", erinnert sich Schürmeyer. "Fünf Motive hatten wir schon. Warum also nicht ein paar mehr Fotos schießen und einen Kalender daraus machen?"
Was für eine Arbeit auf sie zukam, war den Frauen damals allerdings nicht klar: Konzepte überlegen, Orte finden, Autos und Helfer organisieren. "Allein das Posieren bei den Shootings - du kannst stinknormale Männer in Unterhosen nicht so hinstellen wie Model-Frauen in Negligees. Hüfte raus, lasziver Blick, das haben wir natürlich ausprobiert. Das funktioniert aber bei Männern nicht", stellt Schaarwächter nüchtern fest.
Nach der Arbeit und an den Wochenenden produzierten die Wuppertalerinnen die fehlenden Bilder. Freunde und Nachbarn fungierten als Assistenten, Set-Bauer und Models. Zwei der Autos besaß Schürmeyer selbst, etwa einen Trabant 601. Der Rest kam aus dem Bekanntenkreis.
Im Dezember 2009 gingen schließlich 1000 Exemplare in Druck. Die Resonanz war riesig. "Der Kalender barg Zündstoff. Viele fanden die Idee großartig. Andere haben sich mächtig aufgeregt - für einige sind zwei Dinge eben untrennbar miteinander verbunden: Autos und schöne Frauen", sagt die Fotografin.
Auch im Internet wurde heiß diskutiert, die Beiträge wurden schnell verlinkt. "Wir haben uns in Lettisch, Ukrainisch oder Türkisch wiedergefunden." Zeitungen und Magazine berichteten, Fernsehsender legten nach. "Der Rummel zog sich bis in den Sommer. Das ist für einen Kalender natürlich etwas spät."
"Diesmal sind wir gut vorbereitet", ist Schürmeyer zuversichtlich. Was für das kommende Jahr besser ist: Der Kalender für 2011 erscheint im Querformat - mit noch mehr Auto. Darum gehe es schließlich. Die Fotos wurden in einer Wuppertaler Fabrikhalle geschossen, auf einem Bauernhof oder im Garten von Freunden. "Es ist ein bergisches Produkt", betont Schaarwächter.
Auch die Auflage ist trotz des erfolgreichen Vorgängers überschaubar berechnet. "Es soll nichts Kommerzielles werden. Uns macht einfach die Arbeit Spaß."
Einzig sei es für den neuen Kalender leichter gewesen, geeignete Models und Autos zu finden. "Die Interessenten melden sich mittlerweile von selbst." Sogar aus Hamburg kam einer angereist: David, Mister Juni im Leo-Höschen.
Es sei toll, wie alle mitmachten - unentgeltlich, versteht sich. Schaarwächter ist überzeugt: "Sie machen das gerne, weil sie die Idee verstehen: Die Welt mal ein bisschen auf den Kopf stellen, mit einer gehörigen Portion Humor." Und für Autoliebhaber gibt es allemal etwas zu gucken.