Meinung Beginn einer Legendenbildung
Wer sich jemals in den Kommentarabgründen des Internets bewegt hat, weiß: Es gibt kaum etwas Niederträchtiges und Erbärmliches, das nicht schon mal irgendwo formuliert worden wäre. Aber es gehört auch zur Professionalität eines Ministeramtes, den anonymen Pöbel auf Distanz halten zu können.
Dass Christina Schulze Föcking Adressatin übler Entgleisungen wurde, bezweifelt derzeit selbst unter ihren schärfsten Kritikern noch niemand. Aber dass ihr Rücktritt unmittelbar vor der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses allein mit Hinweis auf die widerlichen Attacken begründet wird, ist Teil einer beginnenden Legendenbildung.
In Wahrheit ist die Ministerin durch eine Verkettung von Fehleinschätzungen, Fehlleistungen und falschen Strategien gescheitert. Dabei wiegt der Eindruck besonders schwer, gerade die übergreifende Solidarität mit ihr im Zuge des vermeintlichen Hackerangriffs könnte gezielt ausgenutzt worden sein, um auf Zeit zu spielen, auch nachdem der Verdacht längst widerlegt war.
Der Eindruck wird verstärkt durch den völligen Verzicht auf das Einräumen eigener Fehler. Für den Ministerpräsidenten und die Staatskanzlei könnte diese Strategie noch unangenehm werden. Denn den Untersuchungsausschuss wird sie nicht verhindern, sondern befördern.