Behörde macht Odenwaldschule Druck wegen Kinderpornos
Heppenheim (dpa) - Nach dem Missbrauchsskandal vergangener Jahre bekommt die Odenwaldschule in einer aktuellen Kinderporno-Affäre Druck von den Aufsichtsbehörden. Der Landkreis zwingt das Internat nach einem abgelaufenen Ultimatum zum Krisengespräch, um den Fall eines inzwischen geständigen Lehrers aufzuklären.
„Die Odenwaldschule hat eine Bringschuld“, sagte der stellvertretende Landrat des Kreises Bergstraße, Matthias Schimpf (Grüne). Die Schule, die vor einigen Jahren schon wegen eines vertuschten Missbrauchsskandals auffiel, hätte laut Schimpf viel früher informieren müssen - schon im vergangenen Sommer, als es erste Hinweise von Schülern gab.
Am Freitag hatte die Schule ein Ultimatum des Landkreises verstreichen lassen. Dieser hatte das Internat aufgefordert, Fragen zu dem Fall zu beantworten. „Ich halte nichts davon, heute über eine Schließung zu spekulieren. Aber die Odenwaldschule ist gut beraten, mit den Aufsichtsbehörden zu reden“, sagte Schimpf.
Das Krisengespräch ist für kommenden Dienstag beim Landkreis im südhessischen Heppenheim geplant. Teilnehmen sollen Vertreter von Jugend- und Schulbehörden, die dem Sozial- und Kultusministerium im Land unterstehen. Der Landkreis hat mit seinem Jugendamt die Aufsicht über das Internat der Schule, das staatliche Schulamt Heppenheim ist für den Schulbetrieb zuständig.
Der mittlerweile fristlos entlassene Lehrer gestand nach Angaben der Ermittler unterdessen, er habe Kinderpornos aus dem Internet heruntergeladen. Laut Staatsanwaltschaft Darmstadt ist noch nicht klar, ob es sich um Filme oder Fotos handelt. Die Polizei hatte die Wohnung des 32-Jährigen am 9. April durchsucht.
Der Beschuldigte will die Kinderpornos im Frühjahr 2011 aus dem Internet gezogen haben - Monate vor seiner Zeit an der Odenwaldschule. Öffentlich gemacht hatte die Schule den Fall erst zehn Tage nach der Durchsuchung - am selben Tag, an dem auch die ersten Zeitungen darüber berichteten.
Die Schule begrüßte das Geständnis des Lehrers: „Es ist gut, dass wir jetzt in diesem Punkt Klarheit haben“, teilte die Präventionsbeauftragte des Trägervereins, Regina Bappert, mit. Das Geständnis bestätige die Schule in ihrer Entscheidung, den Lehrer nicht mehr zurückkommen zu lassen. Man habe umgehend arbeitsrechtlich alle notwendigen Schritte eingeleitet und alle Aufsichtsbehörden, Mitarbeiter und Elternvertreter verantwortlich informiert.
Vor Jahrzehnten waren an der Schule mindestens 132 Schüler von Lehrern sexuell missbraucht worden, die Übergriffe kamen aber erst vor wenigen Jahren an die Öffentlichkeit. Die Schule hatte daraufhin Reformen versprochen, um für die Schüler Sicherheiten einzubauen.
Die Staatsanwaltschaft teilte mit, ein separates Ermittlungsverfahren gegen den Lehrer jenseits des Kinderporno-Verdachts sei eingestellt worden. Es ging auf Äußerungen von Schülern aus dem vergangenen Sommer zurück. Schüler hatten berichtet, der Lehrer habe ein „merkwürdiges und komisches“ Verhalten an den Tag gelegt.
Sexuelle Übergriffe und damit ein strafrechtliches Verhalten des Mannes seien aber nicht festgestellt worden, sagte Staatsanwalt Noah Krüger. „Dafür gab es keine konkreten Anhaltspunkte.“