Bei Wein versteht mancher nur Bahnhof
Vokabular der Experten erinnert an eine Geheimsprache.
Baden-Baden. „Buttriger Melonenduft, verbundenes Holz, etwas leicht und kurz, mollige Frucht, rustikaler Abgang, stoffige Fülle, ausladener Nachhall, minzgeprägter Rosenholzduft“.
Für Professor Rainer Jung sind derartige Beschreibungen für Wein wenig verständlich. „Dieses Jägerlatein schreckt Weinkonsumenten, die den Zugang zum Produkt suchen, mit Sicherheit ab“, erklärt der Sensorikexperte an der Forschungsanstalt Geisenheim im Rheingau.
Jung ist nicht der einzige, dem die deutsche Weinsprache spanisch vorkommt: Viele Fachausdrücke für Wein sind auch nach Einschätzung des Weinmachers Dirk Würtz nur von einer verschwindend geringen Minderheit nachvollziehbar.
„Für alle anderen Menschen ist das eine Geheimsprache“, sagt der Wein-Blogger aus Rheinhessen. Auf der anderen Seite seien für das eine Prozent der „Sprachheiligen“ Begriffe wie „lecker“ an Banalität quasi nicht zu übertreffen. Ein Unding, meint Würtz.
Viele Begriffe aus der Weinsprache findet Würtz elitär. „Beim Geruch wird etwa der Vergleich gezogen zu Renekloden oder Sternanis — aber das kennt doch niemand.“ Besser seien Assoziationen aus dem Alltag, etwa nasses Laub oder Holz.
Seiner Meinung nach muss die Weinsprache entmystifiziert werden. Wein sei eine sehr emotionale, aber auch eine sehr individuelle Angelegenheit. Dabei sei doch entscheidend: Lecker oder nicht lecker?
Weinprofessor Jung möchte den Studenten in seinen Seminaren beibringen, wie es besser geht. „Sie sollten zum Beispiel sagen, ein Wein riecht nach Banane oder nach Eisbonbon — dann kann sich das jeder vorstellen“, sagt der Dozent.
Zu den Unwörtern zählen nach seinen Worten auch „geschmeidig“, „fleischig“, „stark“, „stahlig“ und „kernig“. Verunsicherte Verbraucher blieben dann eher beim Bier.