Bergung der „Costa Concordia“: Rostbraun ist Farbe der Hoffnung

Mit der Bergung des havarierten Kreuzfahrtriesen „Costa Concordia“ kämpft Italien auch gegen einen angeschlagenen Ruf.

Giglio. Braun ist an diesem Tag die Farbe der Hoffnung, ein schmutziges Rostbraun. Das Relikt liegt ein paar Hundert Meter entfernt vom Hafen der Insel Giglio wie auf einem Operationstisch. Gerüste, Container, Kräne und Schlauchboote umringen den riesigen Patienten. Aber wer ein Teleobjektiv hat oder vom Fernseher über die vielen auf die „Costa Concordia“ gerichteten Kameras einen Blick auf den gestrandeten Riesen werfen kann, der sucht nach dem Braun der guten Hoffnung.

Rost und Algen haben den seit 20 Monaten unter Wasser liegenden Teil des Wracks verfärbt. Je mehr von diesen Spuren an die Oberfläche kommen, desto weiter hat es die „Concordia“ in ihre ursprüngliche Position geschafft. Schneckentempo, Zeitlupentempo, diese Charakterisierungen sind immer noch zu schnell für das, was gestern vor Giglio passiert. Unvergleichlich langsam erhebt sich der Rumpf des seitlich daliegenden Kreuzfahrtschiffs. Mit bloßem Auge ist nur eine große Bewegungslosigkeit zu erkennen.

Gewitter waren in der Vornacht auf Giglio nieder geprasselt, sogar Tornados streiften die Insel. Statt um sechs Uhr morgens beginnt die Operation deshalb erst um neun Uhr, allerdings bei gutem Wetter. Zuvor haben der südafrikanische Kapitän Nicholas Sloane und elf Techniker, darunter eine Informatikerin aus Deutschland, den Kontrollraum betreten.

Sloane leitet die Operation, der Kontrollraum befindet sich in drei schwimmenden Containern vor dem Bug der „Concordia“. Er und die Techniker, so zeigen es Aufnahmen, tragen aufblasbare Schwimmwesten, sprechen in Funkgeräte, blicken auf acht große Monitore, auf denen Bilder der Unterwasserkameras unter dem Bug der Concordia laufen.

Nicht nur die Aufrichtung eines riesigen Schiffs steht auf dem Spiel, sondern auch der durch die Tragödie angeschlagene Ruf der Italiener. Da sind etwa der Kapitän Francesco Schettino, der das Schiff im Januar 2012 auf Grund manövrierte, den Tod von 32 Menschen mitverantwortete. Aber auch andere haben Fehler gemacht, die Reederei zum Beispiel. Dem Versagen, das zur Tragödie führte, soll nun mit Kompetenz begegnet werden. Die Kosten von 600 Millionen Euro sind dabei nur ein Nebenaspekt. 350 Journalisten aus der ganzen Welt haben sich auf Giglio akkreditiert.

500 Techniker aus 26 Nationen sind an der Bergung beteiligt, sie arbeiten für das amerikanisch-italienische Konsortium Titan-Micoperi. Die Welt sieht zu, wie sich die Italiener aus der Affäre ziehen. „Es ist der Tag, um die Dinge gerade zu biegen“, formuliert die Zeitung La Repubblica vielsagend.